1965 wurde die Waldbühne im Berliner Olympiagelände verwüstet, als die Rolling Stones dort auf ihrer ersten Deutschland-Tournee aufspielten. Der Abend des 15. September ist in die Band- und in die Rockgeschichte eingegangen. Nun, 57 Jahre später, kommen sie noch einmal zurück, im Rahmen ihrer Jubiläumstour zum 60. Bandjubiläum. Von der damaligen Besetzung sind nur noch Mick Jagger und Keith Richards dabei. Hier erfahren Sie alles, was Sie wissen müssen.

Was wird am 3.8.2022 in der Waldbühne gespielt?

Zunächst einmal gibt es eine Vorband. Dafür wurden die Ghost Hounds aus dem US-Bundesstaat Pennsylvania engagiert. Hierzulande sind die Ghost Hounds bislang noch weniger bekannt. Die Gruppe spielt einen traditionsbewussten, erdigen Bluesrock und hat mit „Roses Are Black“ (2019) und „A Little Calamity“ (2021) bislang zwei Alben veröffentlicht, die die Kritiker überzeugten. Schlechtes Timing für diese Band, die just in der Zeit abzuheben begann, als die Corona-Pandemie allen Karriereplänen junger Musiker einen dicken Strich durch die Rechnung machte. Jetzt soll es aber umso energiegeladener losgehen für das Sextett um Sänger Tré Nation, und was könnte da Besseres passieren als ein Job im Vorprogramm der größten Rockband aller Zeiten?

Welche Songs werden die Stones spielen?

Die Setlists vergangener Konzerte der laufenden Tour anlässlich des 60. Bandjubiläums lassen durchblicken, dass die Band sich auf ihre – überwiegend älteren – Klassiker konzentrieren wird. Den Auftakt macht voraussichtlich „Street Fighting Man“, der Revoluzzer-Rocksong aus den bewegten späten 60er-Jahren, was an diesem Ort durchaus als Reminiszenz auf die Vorfälle von 1965 gedeutet werden kann. Ansonsten gibt es auf dieser Tournee gewohnt gute „Best Of“-Kost zum Mitsingen, vornehmlich aus den 1960er- und 1970er-Jahren: „Wild Horses“, „You Can’t Always Get What You Want“, „Honkey Tonk Women“ und „Paint It Black“ ebenso wie der Disco-Hit „Miss You“ und natürlich – im Zugabenblock – „Sympathy To The Devil“ und „Satisfaction“. Dieses Klassiker-Repertoire endet weitgehend, wie auch schon auf den vorangegangenen Tourneen der Stones, mit dem 1981er-Album „Tattoo You“.
Von den späteren Alben sind voraussichtlich nur ein oder zwei Nummern vertreten, auf denen Gitarrist Keith Richards singt. Die Band war erst mit ihren vielen Comebacks dazu übergegangen, regelmäßig Songs auf die Platten zu nehmen, auf denen Richards singt. Wohl ein Zugeständnis an die Machtverhältnisse innerhalb der Band, die während der 1980er-Jahre an einigen Unstimmigkeiten krankte und nach 1981 jahrelang nicht mehr auf Tour gegangen war.
Der einzige aktuelle Song im konstanten Repertoire ist der überraschend im Jahr 2020 veröffentlichte Corona-Lockdown-Song „Living In A Ghost Town“. Aber wer weiß, vielleicht stellt die Band ihr Repertoire ja doch noch einmal kurzfristig um und überrascht mit einigen selten gespielten Perlen aus der späteren Bandperiode?
Legendärer Ort: die Berliner Waldbühne, hier bei einem Konzert von Eric Clapton 2022. Die in den 1930er Jahren angelegte Freiluft-Arena fasst 22.000 Besucher.
Legendärer Ort: die Berliner Waldbühne, hier bei einem Konzert von Eric Clapton 2022. Die in den 1930er Jahren angelegte Freiluft-Arena fasst 22.000 Besucher.
© Foto: Britta Pedersen/dpa

Wie geht es nach dem Tod von Charlie Watts weiter mit den Stones?

Jetzt kommen die Rolling Stones noch einmal für ein kurzfristig anberaumtes Zusatzkonzert an die Spree in die Waldbühne Berlin. Es deutet vieles darauf hin, dass es wirklich das allerletzte Mal sein wird. Gefühlt befindet sich die Band seit dem Tod von Schlagzeuger Charlie Watts im Sommer letzten Jahres ohnehin auf Abschiedstournee.
Ersatz-Schlagzeuger Steve Jordan ergibt gemeinsam mit dem Bassisten Darryl Jones, der in den 1990er-Jahren als Ersatz für Bill Wyman zur Band stieß, schon jetzt eine straff und wie blind zusammenspielende Rhythmus-Sektion, das verraten Mitschnitte der bisherigen Konzerte in dieser Besetzung. Aber natürlich können solche Routine-Nachbesetzungen nicht darüber hinwegtäuschen, dass von der klassischen Besetzung aus den 1960er-Jahren jetzt nur noch die alten Herren Jagger und Richards dabei sind. Ron Wood als zweiter Gitarrist wird in dieser Konstellation wohl ewig „der Neue“ bleiben. Die Band ist längst ein großes Entertainment-Unternehmen, die an innerer Auszehrung leidet. Nicht ohne Grund liegt das letzte Studioalbum mit neuen Songs, „A Bigger Bang“, schon 17 Jahre zurück.
Allerdings: Den Stones ist schon so oft das Ende prognostiziert worden, dass sich auch diese Einschätzung bald schon wieder als passé erweisen könnte. Einige Studioaufnahmen haben sie jedenfalls noch auf Lager, das haben Jagger, Richards und Co. Schon mehrfach in Interviews durchsickern lassen. Darunter sind auch einige Songs, auf denen Charlie Watts noch getrommelt hat. Es bleibt abzuwarten, ob die alten Herren es noch schaffen, daraus mit der Hilfe von hoch bezahlten Studiomusikern und Produzenten ein komplettes Album zu bündeln.

Was ist vor dem Konzertbesuch in Berlin zu beachten?

Heute sind die Sicherheitsvorkehrungen bei Großveranstaltungen natürlich viel schärfer als im Sommer 1965. Auch – aber nicht nur – um solche Vorfälle wie damals zu unterbinden. Besucher des Stones-Konzertes am Mittwoch dürfen lediglich eine kleine Tasche in den Abmessungen maximal eines DIN-A4-Blattes mitnehmen. Ein einzelnes alkoholfreies Getränk von bis zu einem halben Liter darf auf das Gelände der Waldbühne mitgenommen werden, sofern die Flüssigkeit in einer Plastikflasche oder einem Tetra Pak transportiert wird. Größere Taschen können vor Ort deponiert werden. Mehr Infos zu den Einlassbestimmungen gibt es hier.

Gibt es noch Karten?

Das Konzert ist längst ausverkauft – bei Preisen ab etwa 190 Euro ging es los. Für die Premiumplätze waren aber mehr als 700 Euro zu berappen. Zu diesem Preis kann man schon manche der einfacher ausgestatteten E-Gitarren vom Typ Fender Telecaster käuflich erwerben, wie Keith Richards sie auf den frühen Aufnahmen der Stones selbst gespielt hat. Aber echte, mit der Band ergraute Fans wird dies nicht abschrecken. Denn es gilt ja: Dies könnte die letzte Chance sein, die Rolling Stones einmal live zu erleben. Die allerletzte, diesmal wirklich allerallerletzte Chance …