Seit Tagen rätseln Berlin und Brandenburg angeblich, was die Herren Gahan und Gore am Sonnabend (8.7.) machen. Also am Tag zwischen den beiden Konzerten von Depeche Mode im Berliner Olympiastadion am Freitag und Sonntag. Vor fünf Jahren, als sie das letzte Mal hier auftraten, waren sie schwimmen, wozu sie sich ein paar Bahnen im Schwimmstadion neben dem Olympiastadion gemietet hatten.
Das ist natürlich unwichtig, aber so ist das nun mal im Top-Segment des Popstarwesens. Alle wollen wissen, was die Stars treiben, wenn sie nicht gerade auf der Bühne stehen. Und ein paar Bahnen ziehen würden sie mit ihnen natürlich auch alle am liebsten. Okay, das ist schwierig, aber wenn es eine Band gäbe, die sich darauf eventuell einlassen würde, dann wären es ganz vielleicht Depeche Mode. Immerhin haben sie ein sehr inniges, fast bodenständiges Verhältnis zu Berlin.

Besonderes Verhältnis zu Berlin

Die Musiker – aktuelle sind es nur noch zwei, seit Andy Flechter im vergangenen Jahr überraschend gestorben ist - haben in Berlin Platten aufgenommen. Martin Gore hatte sogar in Charlottenburg, unweit des Olympiastadions, eine Weile gewohnt. Damals war die Arena noch runtergerockt. Am Freitag ist es eine durchsanierte Konzertlocation mit einem blau illuminiertem Dach, wovon man aber erst im Verlauf des Gigs viele mitbekommt, weil der Auftritt noch bei voller Helligkeit beginnt.
Fans feiern das Konzert von Depeche Mode im Olympiastadion Berlin.
Fans feiern das Konzert von Depeche Mode im Olympiastadion Berlin.
© Foto: Christoph Soeder/dpa
Um so dunkler sind die Klamotten der 80.000 Menschlein, die sich im Stadion befinden. Ungefähr 97 Prozent sind irgendwie schwarz gewandet. Das gehört zum Dresscode der Fancommunity der Band, die in ihren Songs inzwischen ja auch immer düsterer wurde, verglichen mit ihren Songs aus den Anfangstagen wie „Just Can’t Get Enough“, das sie nach knapp zwei Stunden im Zugabenblock auch spielen werden.
„Ghosts Again“ vom aktuellen Album „Memento Mori“
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Am Beginn des Konzerts stehen dagegen etliche Songs ihres aktuellen Albums „Memento Mori“, zu deutsch „Sei dir deiner Sterblichkeit bewusst“. Die beiden übrig gebliebenen Depeche-Mode-Gründer sind nach einem teils exzessiven Popstarleben in einer Lebensphase und in einem Alter angelangt, in dem man solche Sinnsätze inzwischen zu Albumtiteln kürt. Songs wie „My Cosmos Is Mine” und „Wagging Tongue“ machen das für die Besucher live nachhörbar.
Martin Gore von Depeche Mode tritt im Olympiastadion Berlin auf.
Martin Gore von Depeche Mode tritt im Olympiastadion Berlin auf.
© Foto: Christoph Soeder/dpa
Dann bei „Walking in My Shoes“ wird es nicht wirklich fröhlich-beschwingt, aber doch standesgemäß partyhaft. Dave Gahan steht in seinem Glitzerjacket auf der die Bühne, um den Massenchor in seiner unnachahmlichen Art in Schwung zu bringen. Danach ist kein Halten mehr. Songs wie „It’s No Good“, „Everything Counts“ und „Precious“ lassen das Publikum in der sich allmählich verdunkelnden Open air-Arena in eine fast ununterbrochene Mitschunkel- und tanzphase übergehen.

Herzchen in Erinnerung an Andy Fletcher

Ruhig wird es noch mal beim wunderschönen „Ghosts Again“ vom aktuellen Album, bevor unter anderem „World In My Eyes“ erklingt, bei dem Fotos des verstorbenen Andy Flechter auf die Videowand projiziert werden. Die zehntausende Fans bilden mit ihren Händen Herzchen, die sie den Idolen auf der Bühne entgegenstrecken.
Überhaupt ist auf Video kein animierten bunter Bildermix zu sehen. Oft erscheint nur das riesengroße M auf dem Bildschirm. Videoshow ohne Bilder und ohne Wort, auch das funktioniert bei Depeche Mode dieser Tage gut.
Immer wieder toll, der Song „Stripped“ mit seinen metallischen Beats, bei dem die Bühne in ein knalligen Rotlicht getaucht ist. Das verfehlt seine Wirkung nicht, weil der Abend inzwischen in richtige Dunkelheit gefallen ist. Gut so, denn Depeche Mode live im Hellen ist wie Singen im Sitzen, ziemlich unpassend. „Waiting For The Night“, heißt denn auch der erste Titel des Zugabenteils. Nach „Just Can’t Get Enough“ kommt zum Abschluss „Never Let Me Down Again” und “Personal Jesus”. Was für ein Sprung von der aufgekratzten Teenie- zur schwermütigen Düsterparty. Der Bruch ist sogar auf den Videoscreens erkennbar, wo von bunt zu schwarz-weiß gewechselt wird.
Danach ist die Show beendet und auf dem Weg zur S-Bahn werden die Fans schon von weiteren Musikern begleitet. Es sind die mittlerweile fest etablierten Straßenmusiker, die auf ein paar Euros hoffen. Einen Synthesizer hat niemand von ihnen dabei. Sie spielen auf der E-Klampfe, „Wonderwall“ von Oasis und eine alte Clapton-Nummer, aus der sich dann aber doch leise ein DM-Song herausschält. „Enjoy The Silence“.

Die Memento-Mori-Tour

Zur aktuellen „Memento Mori“ Welttour zählen insgesamt acht Konzerte in Deutschland. Berlin ist die letzte Station. Am Sonntag kommt die Band noch einmal ins Olympiastadion - danach geht es weiter nach Rom.