Herr Prof. Dombert, was bedeutet das Vorschlagsrecht der stärksten Fraktion für den Posten des Landtagspräsidenten in der Praxis?
Dombert Das Recht der stärksten Fraktion, den Parlamentspräsidenten vorzuschlagen, ist seit der Wahl Paul Löbes zum Reichtagspräsidenten 1920 parlamentarische Tradition in Deutschland, und in Brandenburg in der zu Ende gehenden Legislaturperiode vom Parlamentsbrauch oder je nach Sichtweise vom parlamentarischen Gewohnheitsrecht durch Änderung des Artikel 69 Landesverfassung sogar mit Verfassungsrang versehen worden.
Welche Rechte hätte der Alterspräsident des Landtags, gesetzt den Fall, ein Kandidat würde nicht gewählt? Könnte der Landtag einfach so weitermachen?
Dombert Die Rechte des Alterspräsidenten würde ich zunächst nicht in den Vordergrund rücken wollen. Die in Ihrer Frage angesprochene Konstellation betrifft vor allem dessen Pflichten.
Wann wäre das?
Dombert Auch wenn die bisherige Parlamentspraxis annimmt, dass diese Wahl auch tatsächlich in der ersten Sitzung erfolgt, spricht wohl einiges dafür, dass die Pflichtenstellung des Alterspräsidenten bis zur Wahl des Präsidenten andauert, und nicht ganz einfach zu begründen diese konstituierende Sitzung erst dann zu schließen ist, wenn tatsächlich der neue Parlamentspräsident gewählt ist.
Heißt das nicht, dass der Wähler sich auf eine Hängepartie einstellen muss? Wäre es nicht einfacher, davon auszugehen, dass die stärkste Fraktion in einem solchen Fall ihr Vorschlagsrecht verliert, damit so die Arbeitsfähigkeit des Landtags gewährleistet werden kann?
Dombert Dass eine Fraktion ihr Vorschlagsrecht so ohne Weiteres verlieren könnte, sehe ich nicht, nachdem der Landtag in der zu Ende gehenden Legislaturperiode das wesentlich flexiblere Instrument des Parlamentsbrauchs oder sogar gewohnheitsrechts abgeschafft und dem Vorschlagsrecht der stärksten Fraktion durch Änderung des Artikel 69 der Landesverfassung Verfassungsrang verliehen hat.
Was heißt das konkret ?
Dombert Konkret heißt das, dass einem Kandidaten nicht allein deswegen die Zustimmung versagt werden kann, weil er einer politisch missliebigen aber ja vom Wähler mit Gewicht versehenen Fraktion angehört. Gibt es allerdings in der Person des Kandidaten angesiedelte Vorbehalte, geht das Gewissen des einzelnen Abgeordneten vor.
Können andere Fraktionen Gegenkandidaten gegen den Bewerber der stärksten Fraktion aufstellen?
Dombert Aufstellen können sie Bewerber natürlich. Rechtlich zulässig wäre dies allerdings nicht.
Mit Matthias Dombert
sprach benjamin Lassiwe
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Landtag