Brandenburgische Christdemokraten sind nicht dafür bekannt, gegen ihre jeweiligen Bundesvorsitzenden zu schießen. Wenn die Union öffentlich streitet, lassen das die märkischen Christdemokraten mehr oder weniger still an sich vorüberziehen. Nicht so am Montag (24.07.).
Jan Redmann, brandenburgischer Landesvorsitzender, sah sich trotz Urlaubs dazu gedrängt, am frühen Morgen schon mit einer Pressemitteilung auf Distanz zu Friedrich Merz zu gehen. Der hatte am Wochenende in einem ZDF-Interview den geltenden Parteitagsbeschluss, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, relativiert.

Was ändert sich, wenn ein AfD-Landrat gewählt wurde?

Das gelte nur für gesetzgebende Körperschaften, also die Parlamente auf Landes- und Bundesebene. Wenn auf kommunaler Ebene ein Landrat oder Bürgermeister der AfD gewählt worden sei, müsse man das akzeptieren und nach Wegen suchen, „wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet“, sagte Merz.
Dafür erntete der Bundesvorsitzende unmittelbar Kritik aus den eigenen Reihen. Am Montagvormittag dann ruderte er zurück und sprach davon, falsch verstanden worden zu sein. Einer der ersten Kritiker war Berlins CDU-Vorsitzender und Regierender Bürgermeister Kai Wegner, der bislang noch nicht bundespolitisch in Erscheinung getreten war. Er schrieb in den sozialen Netzwerken: „Die CDU kann, will und wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist.“
Redmann beeilte sich am Montag dem Beispiel zu folgen und die Linie für seinen Landesverband vorzugeben. Gerade in Brandenburg, wo die Nachwuchsorganisation der AfD, die Junge Alternative, gerade von Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft wurde, könne es keine Form von Zusammenarbeit geben, nicht auf Landesebene und nicht in den Kommunen, so Redmann.
Brandenburgs CDU-Chef Jan Redmann ging frühzeitig auf Distanz zum eigenen Bundesvorsitzenden Friedrich Merz.
Brandenburgs CDU-Chef Jan Redmann ging frühzeitig auf Distanz zum eigenen Bundesvorsitzenden Friedrich Merz.
© Foto: Soeren Stache/dpa

Zerschießt Merz die Wahlkampfstrategie der CDU Brandenburg?

Die klare Kante gegen den eigenen Parteichef kommt nicht von ungefähr. Redmann will sich im nächsten Jahr im Landtagswahlkampf mit SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke messen. Auf jeden Fall will Redmann verhindern, dass die Sozialdemokraten wie 2019 wieder eine Richtungswahl Woidke oder AfD inszenieren, was seine Partei zurückstellt. Da ist es wenig hilfreich, wenn der eigene Bundesvorsitzende der AfD immer wieder Aufmerksamkeit verschafft. Allerdings kann die brandenburgische CDU auch keine Debatte gebrauchen, wie geeignet Merz als Parteichef oder nächster Kanzlerkandidat ist, die gerade wieder in Bundespartei beginnt.
Ähnlich wie Redmann sieht es auch die Vorsitzende der Frauenunion und Kreisvorsitzende in Märkisch-Oderland, Kristy Augustin. Sie räumt ein, dass sie unmittelbar nach der Veröffentlichung des Merz-Interviews aufgebrachte Mails von Parteifreunden erhalten hat, aber auch solche, die den Bundeschef unterstützen. Schon die Aussage von Merz Ende vergangener Woche, die CDU sei die „Alternative für Deutschland mit Substanz“, hatte in der brandenburgischen CDU für Kopfschütteln gesorgt. Mit öffentlicher Kritik hielt man sich jedoch zurück.

CDU muss sich in Brandenburg auf AfD-Bürgermeister einstellen

André Schaller, kommunalpolitischer Sprecher seiner Fraktion im Landtag und Kreisvorsitzender in Oder-Spree, findet es unglücklich, dass der Bundesvorsitzende diese Debatte losgetreten hat. Allerdings müsse sich auch seine Partei darauf einstellen, wie man mit einem Bürgermeister oder Landrat der AfD umgeht, wenn denn in Brandenburg so ein Fall eintreten sollte. Mit Blick auf Thüringen, wo im Kreis Sonneberg ein Landrat mit AfD-Parteibuch gewählt wurde, müsse man diskutieren, wie man im Kreistag als CDU agieren will. 80 Prozent der Anträge werden von der Kreisverwaltung erarbeitet, die könne man doch nicht immer ablehnen oder Änderungsanträge einbringen, nur weil der Chef der Kreisverwaltung einer bestimmten Partei angehöre, argumentiert Schaller.
Frank Bommert, stellvertretender Parteivorsitzender in Brandenburg und Kreischef in Oberhavel, findet die Debatte überflüssig. Es gebe in Brandenburg keine institutionalisierte Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene – keine Kooperationsverträge, keine Koalitionen. Damit seien die Vorgaben der Bundespartei erfüllt. Es werde in der Sache abgestimmt und da könne es vorkommen, dass Vertreter der AfD Anträgen der CDU oder anderer Fraktionen zustimmen.

AfD will 2024 nicht wieder Mandate verschenken

AfD-Landeschefin Birgit Bessin bestätigt, dass es in Brandenburg keine institutionalisierte Zusammenarbeit mit der CDU auf kommunaler Ebene gibt, wohl aber gemeinsame Abstimmungen mit verschiedenen Parteien. 2019 bei der letzten Kommunalwahl konnte ihre Partei nicht so viele Mandate wahrnehmen, wie ihr eigentlich nach Stimmenanteil zugestanden hätten, weil zu wenig Kandidaten aufgestellt worden waren.
Das soll sich beim nächsten Urnengang 2024 nicht wiederholen. Laut Bessin ist die Mitgliederzahl im vergangenen Jahr von rund 1400 auf aktuell mehr als 1900 angestiegen.