Die gute Nachricht ist: In Brandenburg, wie auch in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt nehmen die Menschen bei einer Sparkasse weiterhin Kredite auf. Die 43 im Ostdeutschen Sparkassenverband organisierten Geldinstitute haben im ersten Halbjahr dieses Jahres Kredite in Höhe von insgesamt 5,2 Milliarden Euro gewährt. Das Kreditvolumen wuchs damit leicht um 1,9 Milliarden Euro auf insgesamt 78,6 Milliarden Euro.
Die weniger gute Nachricht ist Inflation, den Diskussionen um das Gebäudeenergiegesetz, Preissteigerungen und Zukunftssorgen vieler Menschen geschuldet. „Die Kreditsumme ist im Vorjahresvergleich bei Unternehmen und Selbstständigen auf 2,7 Milliarden Euro gesunken und bei Privathaushalten auf zwei Milliarden. Das sind Rückgänge um 31 und 46 Prozent“, verdeutlichte Verbandsgeschäftsführer Wolfgang Zender bei der Halbjahrespressekonferenz des OSV in Berlin.
Lediglich Kommunen fragen verstärkt nach Krediten nach. Gravierend ist der Einbruch mit 48 Prozent besonders im Bereich des Wohnungsbaus. Nur noch 2,4 Milliarden Euro wurden an Krediten ausgereicht. Immerhin: „Im Juni haben wir eine erste Stabilisierung der Kreditnachfrage erlebt“, so Zender.
Für Senkung der Grunderwerbssteuer
Der Einbruch bei der liebsten Investition der Deutschen, dem Schaffen von Wohneigentum, müsse nachdenklich stimmen. Der Ostdeutsche Sparkassenverband macht deshalb zwei Forderungen auf: „Förderprogramme für die Schaffung von Wohneigentum als gute Altersvorsorge müssen anders gestaltet werden, und die Grunderwerbssteuer für den Ersterwerb einer Immobilie sollte gesenkt oder sogar ausgesetzt werden“, zählte Ludger Weskamp, Geschäftsführender Präsident des OSV, auf. Zugleich unterstützt er das Ansinnen von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD), Energiestandards im Wohnungsbau nicht weiter zu verschärfen.
Beim Thema Immobilienerwerb dreht sich die Beratung oft um die Frage: Kann ich mir bei den aktuellen Zinsen noch Wohneigentum leisten? „Wir müssen vielen Interessenten sagen, dass sie noch mehr Eigenkapital bilden müssen. Die Beratung läuft deshalb vor allem in Richtung Geldanlage“, erklärt der Verbandsgeschäftsführer. Hier sei das Bausparen „eine gute Lösung“ und werde als Versicherung gegen steigende Zinsen zunehmend relevanter.
Sparkassen raten zu langfristigen Geldanlagen
Überhaupt plädiert der Sparkassenverband für langfristige Anlageformen, auch bei der Altersvorsorge. „Mit Tages- und Festgeld lässt sich kein Vermögen aufbauen und auch die Inflation derzeit nicht ausgleichen“, ist Ludger Weskamp überzeugt. „Tagesgeldzinsen sind im Zusammenhang mit Altersvorsorge nicht der entscheidende Faktor“, tritt er Kritik entgegen, dass die Sparkassen in diesem Bereich zu niedrige Zinsen gewähren.
Lockangebote andere Geldinstitute würden nicht von Dauer sein. Ziel sei es, Sicht- und Spareinlagen der Kunden weiter abzubauen und in längerfristige Anlageformen zu überführen. Dies ist den 43 OSV-Sparkassen insofern gelungen, als dass beispielsweise der Nettoabsatz bei Wertpapieren (Differenz aus Kauf und Verkauf) um ein Drittel auf 2,83 Milliarden Euro im Vergleich zum ersten Halbjahr des Vorjahres gestiegen sei.
„Rudi“ bietet Komplettangebot um Immobilien
Die Sparkassen im Verband konzentrieren sich in den kommenden Jahren auf zwei Angebote. Mit der Plattform „Rudi – rund um die Immobilie“ soll Kunden ein Komplettangebot unterbreitet werden, das neben Fragen zur Finanzierung auch energetische Bauberatung, Versicherungscheck und Wertermittlung sowie Informationen rund um die Vermietung der Immobilie umfasst. Zum anderen soll ein Tool für eine Sparkassenpersonalberatung aufgebaut werden, um Kunden bei der Gewinnung von Personal zu unterstützen.
Nach den angekündigten Schließungen von Geschäftsstellen und Filialen der Mittelbrandenburgischen Sparkasse (neun) und Sparkasse Uckermark (fünf) seien dem OSV keine weiteren Schließungen bekannt. „In Brandenburg ist dies intensiver erfolgt als anderswo“, sagte Ludger Weskamp. „Bundesweit haben die Sparkassen mehr Geschäftsstellen als alle anderen Mitbewerber zusammen“. Wolfang Zender verwies darauf, dass im Verbandsgebiet seit Ende 2022 bis Ende Juni 2023 nur vier Geschäftsstellen geschlossen worden seien.
Mehr Geldautomaten als bisher
Die Gesamtzahl liege aktuell bei 1481, die Entfernung zu ihnen liege noch im Minutenbereich. Die Zahl der Geldautomaten habe sich sogar um ein Dutzend auf 450 erhöht. Zudem werden digitale Angebote immer stärker angenommen. Weskamp sagte, dass bundesweit bereit mehr als jeder zweite Sparkassenkunde die Internetfiliale nutze und 15 Millionen die Sparkassen-App.
Kreditgeschäfte in Brandenburg
► Die elf Sparkassen in Brandenburg vergaben im ersten Halbjahr neue Kredite in Höhe von 1,1 Milliarden Euro (-36,4 Prozent im Vorjahresvergleich). Dabei entfielen auf die Wirtschaft 516 Millionen (-34,4 Prozent) und auf Privatpersonen 584 Millionen (-35,4 Prozent).
► Das Kreditvolumen für den Wohnungsmarkt sank auf 716 Millionen Euro (-36 Prozent). Die Kredite an öffentliche Haushalte sind um -60,4 Prozent auf 19,2 Millionen Euro gesunken.
► Insgesamt stieg das Kreditvolumen bei den Brandenburger Sparkasse im ersten Halbjahr moderat um 2,1 Prozent auf 17,8 Milliarden Euro.
► Sparkassenkunden in Brandenburg kauften Papiere im Wert von rund 972 Millionen Euro und verkauften Papiere im Wert von rund 348 Millionen Euro. Der Nettoabsatz lag somit 6,6 Prozent unter dem Wert des Vorjahreszeitraumes.