Geschäfte und Restaurants, Theater und Museen sind geöffnet, verreisen ist wieder möglich: Von Normalität kann aber dennoch nicht die Rede sein. Es sind die Hinweisschilder, die auf Abstand und Mund-Nasen-Schutz hinweisen, es sind die Spender mit Desinfektionsmittel, die daran erinnern, dass das Corona-Virus immer noch da ist.
Doch sind die aktuellen Vorsichtsmaßnahmen angesichts nicht mehr oder kaum noch vorhandener Neuinfektionen – in Brandenburg gab innerhalb einer Woche 32, in Sachsen sind es 13 Neuinfektionen (Stand 1. Juli) – überhaupt noch sinnvoll? Wird es nicht Zeit, zur völligen Normalität zurückzukehren?

Mehrheit für Behutsamkeit

Nein, besser nicht, findet die Mehrheit der 687 Teilnehmer an der nicht repräsentativen LR-Umfrage. 39 Prozent wählen die Antwortoption „Ich denke, das geht alles zu schnell und dass die Infektionszahlen enorm schnell wieder ansteigen können“. Wie schnell das gehen kann, führt die aktuelle Situation im Kreis Gütersloh vor Augen.
In kürzester Zeit hatten sich dort mehr als 1500 Mitarbeiter der Fleischfabrik Tönnies mit Sars-CoV-2 infiziert, im Kreis Gütersloh sind es mehr als 2000 Infizierte. Auch Neuinfektionen, von denen Wohnblöcke in Göttingen und Berlin betroffen waren, machen deutlich, wie rasant das Virus um sich greifen kann.
Dass das einer Mehrheit der Umfrageteilnehmer bewusst ist, zeigen Antworten auf die Frage nach einer zweiten Infektionswelle. 61 Prozent halten das für möglich. 23 Prozent sind der Ansicht, dass das Schlimmste überstanden ist und gehen nicht von einer zweiten Infektionswelle aus. Andere Befragte sind unsicher oder machen sich keine Gedanken darüber.
Dass der Großteil unsicher ist, was den endgültigen Erfolg beim Zurückdrängen des Virus’ betrifft, zeigt sich daran, dass 39 Prozent meinen, dass es mit den Lockerungen zu schnell geht, dass die Lage noch viel zu fragil ist. Weitere 24 Prozent plädieren dafür, die aktuellen Hygieneregeln und Maskenpflicht beizubehalten.
31 Prozent der Umfrageteilnehmer sind hingegen der Meinung, dass es nun Zeit wäre, vollständig zu einem Alltag ohne Maskenpflicht zurückzukehren. Die restlichen sechs Prozent haben keine klare Haltung.

Föderalismus „völlig verwirrend“

Um ein Bild über die Lage zu bekommen, plant Bayern, kostenlos Corona-Tests anzubieten, auch ohne Symptome. Berlins Regierender Bürgermeister Müller (SPD) liebäugelt damit. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hingegen hält testen, ohne wirkliche medizinische Indikation, für wenig zielführend. Damit setzt sich fort, was sich durch die ganze Krise gezogen hat: Jedes Bundesland handhabt das Problem anders. Das zeigte sich schon bei der Maskenpflicht, bei Regelungen für Restaurants oder bei Corona-Tests.
Wie stehen die Lausitzer dazu? Ist der Föderalismus in diesem Fall notwendig oder eher ein Übel? Für die Mehrheit offenbar eher ein Übel: 61 Prozent halten das für „völlig verwirrend“, wahlweise, weil sie als Pendler zwischen Bundesländern mit verschiedenen Regelungen konfrontiert worden sind, oder aber, weil sie es generell für unverständlich halten, warum nicht deutschlandweit einheitliche Regelungen umgesetzt werden.
Weitere 32 Prozent finden das „in Ordnung, der Föderalismus zeichnet Deutschland ja aus“. Einige begründen ihr Verständnis für verschiedene Vorgaben damit, dass ja auch die Infektionszahlen von Bundesland zu Bundesland teilweise stark variieren. So könne jedes Bundesland individuell und adäquat reagieren.“
Das ist auch im Kreis Gütersloh nach dem explosionsartigen Anstieg der Infektionszahlen der Fall. Beschränkungen wurden wieder verschärft, Museen oder Fitnessstudios mussten wieder schließen. Zudem gilt der Landkreis jetzt als Risikogebiet. Bund und Länder haben beschlossen, dass Bewohner aus dem Kreis Gütersloh nur verreisen dürfen, wenn sie einen negativen Test vorweisen können.
Brandenburger und Sachsen und damit auch die Lausitzer hingegen können, abgesehen von den grundlegenden Hygienevorschriften, die beachtet werden müssen, ungehindert verreisen. Doch tun sie das mit Vorfreude und gutem Gewissen oder trübt Corona den Reisespaß?
Hier sind die Gefühle zwiegespalten: 25 Prozent geben an, aufs Reisen verzichten zu wollen, solange die Situation in Bezug auf das Coronavirus so fragil ist. Weitere 17 Prozent hätten zwar durchaus Lust auf Urlaub, sind aber unsicher. Für 23 Prozent der 687 Umfrageteilnehmer ist klar: Verreisen? Urlaub? Ja, auf jeden Fall. So schreibt eine Nutzerin in der Frage nach konkreten Reisezielen in einer Freitextantwort, dass sie unbedingt auf Kreuzfahrt gehen will und fügt an: „Ich bin 89 Jahre alt. Mir läuft die Zeit davon.“

Reisen nachholen

Weitere zwölf Prozent geben an, dass sie eine gebuchte Reise, die wegen Corona verschoben werden musste, baldmöglichst nachholen wollen. 14 Prozent geben hingegen an, dass sie in diesem Jahr nicht verreisen wollten. Einige verreisen auch nicht, weil für sie nach eigenen Angaben Urlaub mit Mundschutz und Beschränkungen kein richtiger, entspannender Urlaub ist.
Wohin geht’s? Wer nicht aufs Reisen verzichten möchte, tut das in Deutschland. Zumindest 29 Prozent der Befragten. Dabei zieht es 19 Prozent an die Nord- oder Ostsee, zehn Prozent steuern andere Reiseziele wie den Harz, die Sächsische Schweiz oder den Bodensee an. Insgesamt 16 Prozent der Befragten zieht es in europäische Ausland, davon wollen acht Prozent am Mittelmeer urlauben, fünf Prozent zieht es Richtung Osteuropa und drei Prozent peilen skandinavische Gefilde im Urlaubsan.
Wer weit weg möchte, nennt Ägypten, Afrika, Russland, Jamaika oder Indien als Ziel der Reise.