Von Christian Köhler

„Ich mache mir große Sorgen um die Dienstleistungsunternehmen und ihre Mitarbeiter, die von der Kohle leben“, sagt Weißwassers Oberbürgermeister Torsten Pötzsch (Klartext). Seiner Ansicht nach werde sich „sicher“ eine Lösung für die Beschäftigten der Lausitz Energie Bergbau AG sowie der Kraftwerke AG (Leag) auf politischem Wege finden, „aber was wird aus den Dienstleistern?“, fragt der sächsische Sprecher der Lausitzrunde. Schon jetzt, so berichtete er den Weißwasseraner Stadträten in dieser Woche, habe der Bergbaukonzern die Investitionen und Aufträge zurückgefahren.

„Es sind zudem bereits erste Tatsachen geschaffen worden“, erklärt Torsten Pötzsch weiter. Etwa werde noch in diesem Jahr die Leag-Ausbildungsstätte in Boxberg geschlossen. Hinzu komme die „In-Reservenahme“ eines Blocks in Jänschwalde – bei der Abschaltung des zweiten Blocks ist von einem Wegfall von 600 Arbeitsplätzen die Rede. „Es muss endlich etwas Sichtbares kommen, damit die Bürger sehen, dass die Politik handelt“, richtet sich Pötzsch in Richtung Landes- und Bundespolitik.

Leag-Sprecher: 2018 haben wir 699 Firmen in Sachsen beauftragt

Leag-Sprecher Thoralf Schirmer kann die Argumentation des Weißwasseraner Rathaus-Chefs nicht so stehen lassen. „Wir haben im vergangenen Jahr Leistungen von 699 Firmen in Sachsen in Anspruch genommen, mit einem Umsatz in dreistelliger Millionenhöhe“, erklärt er auf RUNDSCHAU-Nachfrage. Insgesamt, so führt er weiter aus, liege die Wertschöpfung des Unternehmens in der gesamten Lausitz bei jährlich etwa 1,4 Milliarden Euro. „Darin enthalten sind Lohnkosten für unsere Mitarbeiter von etwa 500 Millionen Euro“, so der Sprecher weiter. Dass die Leag Aufträge zurückschraubt, könne Schirmer nicht bestätigen. „Es kann viele Gründe geben, warum ein bestimmtes Unternehmen in diesem Jahr vielleicht kein Auftrag erhalten hat“, erklärt er. Beispielsweise finde nicht jedes Jahr eine große Revision am Kraftwerk statt. Entsprechend schwanken die Aufträge je nach Bedarf.

Mit der Befürchtung, dass dennoch Dienstleistungsunternehmen und ihre Beschäftigten im Zuge des Kohleausstieges „hinten runterfallen“, steht Torsten Pötzsch nicht allein da. Der Boxberger Gemeinderat hatte noch Ende Februar in diesem Zusammenhang einen Grundsatzbeschluss verabschiedet. Aus Boxberger Sicht müssten zukunftssichere Jobs geschaffen werden. 2014 nämlich waren am Standort Boxberg 2175 sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt, 2018 zählt Boxberg noch 1907 Beschäftigte. Trotzdem, so Amtsleiter Roman Krautz von der Boxberger Wirtschaftsförderung, machten Betriebe des Bergbaus und der verarbeitenden Gewerbe einen Gesamtumsatz von 400 Millionen Euro und bezahlte Entgelte von rund 90 Millionen Euro. Dies gelte es, beim Kohleausstieg entsprechend zu berücksichtigen.

Mit Blick auf die Maßnahmeliste der Kommission für  „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, in der Weißwasser bislang die Sanierung mehrerer Objekte untergebracht hat, stelle sich die Frage, was dies an Arbeitsplätzen bringe. „Sicher ist es gut, wenn der Bahnhof saniert oder eine Behörde in die alte Glasfachschule zieht, aber Arbeitsplätze für die hier lebende Bevölkerung bringt das nicht“, sagt etwa Petra Greiner, Weißwasseraner Einwohnerin. Die Stadt müsse daher auch dies in den Blick nehmen.