Von Regina Weiß

Spielzeug braucht die Waldgruppe nicht mitnehmen, wenn sie wie jeden Morgen in einer langen Reihe von der Kita in das angrenzenden Waldstück marschiert. Die Natur ist Spielzeug genug und das bei Wind und Wetter. Kurz darauf treten Nika, Elena, Toni, Niklas, Lotta und Co. den Beweis an. Noch ist im Glasgefäß nur lauwarmes Wasser. Doch nur wenige Minuten später schwimmen dort die ersten Tannenzapfen, Kiefernnadeln und Rindenstückchen. Ein Stein schafft das nicht und sinkt auf den Boden. Nach dem Motto „Mehr ist mehr“ wandert weiterer Wald ins Gefäß. „Sieht aus wie Waldsuppe. Weißwasseraner Waldsuppe.“ Die Idee der RUNDSCHAU-Reporterin greifen die Kinder sofort auf. Jetzt kommt Bewegung ins Ganze. Die Waldsuppe wird mit Holzstöcken umgerührt. Da wird Michael Kretschmer (CDU) ganz neugierig und muss mal nachschauen, was die Kinder gerade ausprobiert haben. Der Ministerpräsident (MP) ist am Montag in der Awo-Kita Waldwichtel in Weißwasser zu Gast. Zu der gehört seit 2015 das Angebot der Waldgruppe.

Der Besuch in der Kita, die seit September 2017 als „Haus der kleinen Forscher“ zertifiziert ist, kommt nicht von ungefähr. Laut Kita-Chefin Ulrike Vogt lebe man dieses Thema in der Kita. Es gibt also keinen besseren Platz, um mitzuteilen, dass der Landkreis Görlitz Modellregion für das neue Kita-Programm der bundesweit agierenden Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ ist. Es ist die einzige in Ostdeutschland, weitere sind Hamburg, die Regionen um Krefeld und Aalen. Das heißt für den Landkreis konkret: Bevor das neue Fortbildungsangebot in die Fläche geht, wird es ab Mai 2020 in den ausgewählten Regionen Deutschlands detailliert erprobt und wissenschaftlich evaluiert. Davon werden 25 Kindertagesstätten im Altkreis Weißwasser profitieren. Darauf hat sich die regelmäßig tagende Bürgermeisterrunde des Nord-Kreises geeinigt, wie Weißwassers Oberbürgermeister Torsten Pötzsch (Klartext) berichten kann. Kosten entstehen den Trägern der Kitas dabei nicht. „Es ist ein Alleinstellungsmerkmal für die Region“, unterstreicht Pötzsch. Wieder ein Punkt, der für mögliche Rückkehrer interessant sein dürfte.

Michael Kretschmer denkt bei der Umsetzung dieses Programm eher an die, die hier sind und auch hier bleiben sollen. „Es ist ein Mosaikstein für die Zukunft“, findet der MP. Kinder und Enkel der Menschen, die derzeit in der Braunkohle beschäftigt sind, sollen sagen, dass sie Haus und Grundstück ihrer Vorfahren gern übernehmen möchten. Sie werden dann nicht mehr in der Kohle arbeiten, „aber andere innovative Dinge machen.“ Entscheidend für die Zukunft seien diesbezüglich die Naturwissenschaften, die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik).

Wie das in der Praxis gelingen kann und vor allem, wie sich junge Leute für diese Fächer begeistern lassen, dass ist aus Sicht von Martina Weber, Sozial-Dezernentin des Landkreises Görlitz, genau der entscheidende Ansatz, dem mittels der nun anstehenden Förderung nachgegangen werden kann.

Michael Fritz, Vorstandsvorsitzender der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, unterstreicht: „Kinder sind doch prinzipiell neugierig auf Neues. Das gilt es, verstärkt zu fördern“, so Fritz. Entsprechend seien die Handreichungen in dem 22-monatigen Kita-Programm „Forschen im Alltag“. Die Kita-Teams werden mit Weiterbildungen und Erfahrungsaustausch dabei unterstützt, das entdeckende und forschende Lernen als gemeinsames pädagogisches Prinzip im Kita-Alltag zu verankern. Damit bietet die Stiftung einen Ansatzpunkt zur Stärkung der pädagogischen Qualität in der frühkindlichen Bildung und zur Weiterentwicklung der Einrichtungen.

In der Waldgruppe ist das bereits gelebter Alltag, wie die Erzieherinnen Beate Husgen und Ariane Glowna berichten können. Die Gruppe sei so gut nachgefragt, dass längst nicht alle Platzwünsche in Erfüllungen gehen können.

Die Vier- bis Sechsjährigen haben in dem Waldstück jede Menge Gelegenheit, um Neues zu erkunden. Ob es wie jüngst die Feuerwanzen oder wie am Montag die Ameisen sind, die sie interessieren. Die leben unter einer dicken Baumscheibe. Gemeinsam mit CDU-Landtagskandidat Tilmann Havenstein wuchten sie den Klotz um. Den Ameisen geht es gut, sehen sie. „Decken wir sie wieder zu“, findet Hanna. Gesagt, gemacht.