Von Annett Igel-Allzeit

Noch ein Schluck? Weich breitet sich das Wasser auf der Zunge aus. Einige schließen die Augen, um sich auf den Geschmack konzentrieren zu können. Andere lassen das kühle Nass im Mund hin und her wandern. Woher kommt die leichte Süße, die viele beim allerersten Schluck feststellen? Woher der saure Abgang ein paar Flaschen weiter? Durch welche Mineralien wird ein Wasser besonders salzig? Und warum fühlt sich der Mund nach einer Wassersorte am Samstag sogar trocken an?

Gunter Steffen beobachtet gespannt die Wasserverkoster an der langen Tafel im Museum des Wasserwerkes in den Slamener Kuthen und setzt die Striche im ausgeklügelten Bewertungsschema. Der groß angekündigte Wassersommelier André Uhlig hatte den Organisatoren des 11. Spremberger Wasser- und Naturschutztages kurzfristig abgesagt: Er war erkrankt. Doch Bernd Schmied, Verbandsvorsteher des Spremberger Wasser- und Abwasserzweckverbandes, will nach der umfangreichen Vorbereitung weder die Naturschützer noch die Besucher enttäuschen. „Mit etwas weniger Show schaffen wir das auch“, so Schmied. Und so startet der Wassermeister Gunter Steffen, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit im SWAZ, mit vielen Informationen die Verkostung von insgesamt sieben Wassern.

Alle Flaschen sind in weißes Papier gehüllt. Mit dem „Gerolsteiner Naturell“ ist ein klassisches Mineralwasser aus Deutschland dabei.  Das stille „Staatlich Fachingen“ gilt als Heilwasser – ganze 2762 Milligramm sollen im 95 Cent teuren Liter stecken. Aus Norditalien kommt „San Pellegrino“, das Mineralwasser, das besonders erfrischend wirkt und pro Liter 1,45 Euro kostet. Auch  das „Lauretana Ohne“ stammt aus Norditalien und genießt den Ruf, das leichteste Mineralwasser Europas zu sein. „Weil es nur zwischen neun und 14 Milligramm Mineralien enthält“, so Gunter Steffen, der es für 1,25 Euro bekommen hat. Die kürzeste und CO2-ärmste Anreise hatten die Flaschen 5 bis 7 – aus dem Wasserwerk Bohsdorf, dem Wasserwerk Döbern und dem Wasserwerk Spremberg. Der Mineralgehalt ist nicht üppig. Er liegt pro Liter zwischen 177 Milligramm im Wasserwerk Döbern, 204 Milligramm in Bohsdorf und 234 Milligramm in den Slamener Kuthen und kostet im Literpreis zwischen 0,0017 und 0,002 Euro. Den höchsten Anteil hat vor Calcium, Hydrogencarbonat, Chlorid und Natrium das Sulfat mit Werten zwischen 64 und 103 Milligramm pro Liter. In der deutschen Trinkwasserverordnung liegt der Grenzwert für Sulfat bei 250 Milligramm. Im Vergleich dazu führt San Pellegrino 402 Milligramm Sulfat im Liter – was es als Mineralwasser durchaus darf. Während für  Trinkwasser gilt, dass es ein Leben lang getrunken werden kann, müssen Mineralwasserhersteller das so nicht ausweisen. Und von manchen Heilwässern, weiß Steffen, darf man nur eine kleine Menge am Tag trinken. Sie wiederum müssen dem Arzneimittelgesetz gerecht werden.

Der SWAZ gewinnt das Rohwasser für seine Wasserwerke aus tieferen Grundwasserschichten. Die Wasserfassung in den Slamener und Zerrer Kuthen ist eiszeitlich geprägt: zwischen dem Breslau-Magdeburger Urstromtal, dem Muskauer Faltenbogen und dem Niederlausitzer Grenzwall aus der Saale-Eiszeit. „Eine mikrobiologische Belastung gibt es da nicht. Das Wasser ist nährstoffarm“, sagt Gunter Steffen. Günstig für die Grundwasserneubildung sei zudem, dass die Wasserfassungen und auch deren Einzugsgebiete zu 90 Prozent bewaldete Flächen sind. „Mit dem Problem Nitrat aus der Landwirtschaft haben wir deshalb kaum zu tun“, so der Wassermeister. Dass jemals eine Desinfektion des Spremberger Trinkwassers nötig war – in der Regel passiert das mit Chlor, daran kann sich selbst Bernd Schmied nicht erinnern.

Die Verkostung gewonnen hat am Ende mit sechs Strichen das Döberner Wasser vor dem Gerolsteiner Mineralwasser, dem Wasser aus Bohsdorf und aus den Kuthen, die alle drei jeweils vier Striche bekamen. Und schließlich gab es neben vielen sauren Gesichtern auch einen Fan von San Pellegrino. Noch ein bisschen anders zählt Schmied das Ergebnis zusammen: 14 Striche insgesamt für unsere Trinkwassersorten – das ist doch schön. Wobei er nicht ausschließt, dass die Gewohnheit der Tester eine Rolle gespielt haben könnte. Gunter Steffen erwägt nun, die zehntägige Ausbildung zum Wassersommelier zu absolvieren. „Ich muss danach nur Zeit haben, dranzubleiben“, sagt er. Auch Verbandsvorsteher Bernd Schmied, der zum Jahresende in Rente gehen möchte, liebäugelt mit einem neuen Hobby.