Von Annett Igel-Allzeit

Die Mehlschwalben können kommen: Ein Kran hatte am 11. Februar den Schwalbenturm an der Dorfaue in Terpe aufgerichtet. In dieser Woche nun weihten ihn Vertreter des Spremberger Regionalverbandes des Naturschutzbundes (Nabu) gemeinsam mit Vertretern des Naturschutzmanagements der Lausitz Energie Bergbau AG (Leag) ein. Auch für Ortsvorsteher Dieter Freißler war das ein wichtiger Termin. „Unsere Dorfaue mit dem kleinen Teich und dem Grün ist nicht nur ein schöner Platz für diesen Turm, sondern wir haben hier auch gleich mehrere Anwohner, die auf ihren Gehöften bereits seit Jahren Schwalben-Nester haben.“ Hendrik Zank, Leiter des Naturschutzmanagements der Leag, nickt: „Eben weil die Mehlschwalbe hier schon lange zu Hause ist, haben wir uns für diesen Standort entschieden.“

Entworfen und gebaut hat den Schwalbenturm für Terpe  – wie auch ein Exemplar für das Gut Geisendorf – der Zimmerermeister Silvio Kittan aus dem sächsischen Dorf Groß Düben. „Es sind meine ersten Schwalbentürme, die ich gebaut habe“, gesteht er,  „ich musste mich dafür ein bisschen belesen. Aber da ich viele Car-Ports und Dachstühle zimmere, bin ich dankbar für solche ungewöhnlichen Herausforderungen zwischendurch.“ Im Naturhandel fand er die grauen Halbschalen. Dass die Mehlschwalben es weiß mögen, hat er entdeckt, und auch den Dachdeckel des Turms schön gestaltet. Nun ist er gespannt wie ein Flitzebogen, ob die Mehlschwalben seinen Turm auch wirklich annehmen.

Chancen für dieses Jahr sieht Diana Schulze vom Naturschutzmanagement durchaus: „Die Schwalben kommen im April.“ Wie sie erklärt, wohnen die Mehlschwalben – anders als Rauchschwalben – gern dicht beieinander. „Und neben den bereits angebrachten Nestschalen gestattet der Turm auch, dass die Schwalben selbst weitere Nester anbauen. Etwas Lehm, dass sie neben Wasser und natürlichen Polstermaterialien zum Bauen brauchen, soll die Dorfaue noch bekommen.

„Schwalben sind in Brandenburg von einem starken Rückgang betroffen. Rauch- wie Mehlschwalben stehen inzwischen auf der roten Liste der gefährdeten Tiere“, sagt Sabine Brückner, die Vorsitzende des Nabu-Regionalverbandes. „Als ausschließliche Insektenfresser hat diese Population besonders unter dem Insektensterben der vergangenen Jahre zu leiden. Es geht künftig für uns immer mehr darum, artenreiche Lebensräume zu schützen“, so Sabine Brückner.

Dazu gehört die Aktion „Blumenwiese“ ebenso wie die Unterstützung von Gehöft-Eigentümern, die mehr für Schwalben tun wollen. 100 Nisthilfen für Schwalben hatten die Naturschützer geordert – für den ländlichen Raum zwischen Spremberg und Hornow. Dass diese Anzahl nicht reichte, verbucht der Regionalverband als Erfolg: Viele Bürger wollen wirklich helfen.

Leider hat die private Tierhaltung in den Dörfern stark abgenommen. Wo Schweine, Pferde, Kühe sind, sind auch Fliegen, die das Nahrungsangebot der Schwalben sichern. Sabine Brückner weiß, dass das Gekleckse der Schwalben so manchen Hausbesitzer ärgert. „Nester werden deshalb sogar widerrechtlich entfernt. Dabei haben wir als Nabu Lösungen dafür. So gibt es zum Beispiel Kotbretter.“

Lothar Hopka aus Terpe, seit anderthalb Jahren Rentner, nickt. Er hat mehr als zehn Schwalbennester auf seinem Grundstück und eine eigene Version von Kotbrettern entwickelt. An den dicken Balken seines Torbogens hat er sie so befestigt, dass er sie leicht ab- und ein paar Zentimeter weiter erneut anschrauben kann. „Die Schwalben bauen nämlich ihr Nest auch mal gerne neu“, weiß er. Seit vielen Jahren haben Hopkas Schwalben. „So um den Geburtstag von Mutter herum sind sie immer angekommen“, erzählt Lothar Hopka. Nur im vergangenen Sommer, der so trocken wurde, kamen sie viel früher. Wasserschalen verteilen die Hopkas im Sommer, und ein bisschen Statistik wird auch geführt. „Es ist aufregend zu beobachten, wie sich die jungen Schwalben zum ersten Mal aus dem Nest wagen. Und in langen Reihen sitzen sie auf der Freileitung an unserer Dorfstraße.“ Allen, die über die Verunreinigungen schimpfen, sagt Lothar Hopka: „Jeder Schwalbenklecks – das waren 50 bis 80 Fliegen oder Mücken.“  Wie Zimmermeister Silvio Kittan wartet Hopka nun auf das Eintreffen der Mehlschwalben. „Kommt die erste Schwalbe auf unseren Hof, höre ich das und renne sofort raus, um die Fenster am Stall zu öffnen.“