Immer schneller dreht sich die Karussell-Scheibe. Auch die Gondeln rotieren. Dann kommt die Scheibe in die Schieflage. Deutlich über 45 Grad liegt die Neigung. Sandra Sziraki und Marco Horschig werden in die Sitzmulden gedrückt. Sie haben sich, sie halten sich. Dann ist da dieses Kribbeln im Bauch.
Toll war das, sagt Sandra Sziraki. Ihre Knie sind noch etwas weich, als sie die Karussell-Planken hinunterläuft. „Wenn die Scheibe die maximale Neigung erreicht und die Gondel über den obersten Punkt fährt, ist das für einen Moment wie in der Schwerelosigkeit“, sagt sie. Ihr Freund läuft ein Stück um das Karussell herum, um sich die Neigung noch einmal von unten anzuschauen. „Auch wenn es etwas heikel ausschaut, es ist nicht so schlimm, eher schön“, versichert er. Es war der Start der beiden Hoyerswerdaer in den Spremberger Rummel-Bummel.
Tino Krämer, der seit vielen Jahren den Schaustellerpark zum Spremberger Heimatfest organisiert, hat die Erfahrung gemacht, dass viele Besucher mit der höchsten Attraktion beginnen. Viele Familien ziehen erst einmal über den gesamten Festplatz zum Riesenrad: sich einen Überblick verschaffen – von unten und von oben.
Großeltern bezahlen oft den Spaß auf dem Rummel
Zwischen 2,50 und acht Euro kosten die unterschiedlichen Attraktionen auf dem Rummel. Wer vier oder fünf Billetts kauft, bekommt oft Rabatt. Trotzdem müssen Familien ein ordentliches Budget einplanen. Nicht selten kommt die Oma mit – sie spendiert den Spaß und winkt von unten. Auch Petra Lehnert lacht, als ihre Schwiegertochter Lysann Manthey-Lehnert und der elfjährige Enkel Valentin in Jubel ausbrechen. Die ganze Familie steht an einem Plüschtier-Greifarm-Automaten.
„Als ich Kind war, hat mir das mein Vater gezeigt. Wir sind immer mit drei, vier Plüschtieren nach Hause gekommen“, erzählt Lysann Manthey-Lehnert aus Lauta. Sie erweist sich als Expertin: „Früher war es einfacher“, sagt sie, „die Figuren lagen über und nebeneinander. Jetzt liegen sie vereinzelt auf diesen Schaumstoff-Flocken. Es ist schwerer geworden.“ Aber in der fünften Runde ist Valentin erfolgreich. „Ich glaube, ich bin hier jetzt 20 Euro los geworden“, sagt die Oma.
Die Jugend in Spremberg kreischt, wenn sich alles dreht
Am Break Dancer auf dem Rummel zum Heimatfest finden sich immer mehr junge Leute ein. Hier wird gekreischt, hier fliegen die langen Haare, hier küsst man sich. Gediegen wirkt daneben die Familien-Achterbahn. Vom Autoscooter können viele Fahrgäste nicht genug kriegen. Der Kettenflieger zieht Alt und Jung an, verliebte Paare und die besten Freundinnen. Einerseits erinnert er an den Kirmes-Klassiker, das Kettenkarussell, andererseits geht er 40 Meter in die Höhe. Wichtig ist, die Schuhe noch einmal fest zuzubinden oder die Sandalen enger zu schnallen.
Die Geisterbahn ist zu einem Spaßhaus geworden – mit Labyrinth, Hamsterrad, Hexenbesen, unsicheren Untergründen, Spiegelkabinett und Rutsche – ideal für jüngere Kinder. Ihre Eltern passen aber auch durch die Gänge.
Heimatfest 2023: Die Stimme aus dem Kassenhäuschen
Erst einmal zuzuschauen – um den maximalen Spaß für sein Geld zu bekommen oder es sich gleich zu sparen, lohnt sich. Hinhören ist bei den Bässen, Hup- und Klingeltönen nicht so einfach. Der Aqua King hat noch viele Plätze frei, eine sonore Männerstimme legt sich ins Zeug, lädt ein. Sie kommt aus dem kleinen Kassenraum und gehört Dominik Scheit aus Jessen in Sachsen-Anhalt. 24 Jahre jung ist er. Warum er mit dieser Stimme nicht beim Radio gelandet ist? „Ich stamme aus einer Schaustellerfamilie“, sagt er. Der Aqua King war der Traum seines Vaters Frank Scheit. Das Boot dreht und steigt und neigt sich, wie in einem Sturm auf hoher See. „Seit 2016 haben wir den Aqua King. 2017 starb mein Vater. Ich versuche, unsere Fahrgeschäfte in seinem Sinne weiterzuführen“, sagt Dominik Scheit.
Auch ohne Mikrofon hat seine Stimme diese angenehme, ruhige Tiefe. Sie soll sich möglichst wenig verändern, wenn Scheit „rekommandiert“. So wird das Werben, das Einladen im Fachjargon genannt. Wirkungsvoll soll es sein und doch auch unaufdringlich, sagt Scheit. Verschaukelt fühlen sollen sich die Leute nicht. Es macht ihm Spaß. „Irgendwann hat mich mein Vater hier ans Pult gesetzt und gesagt: Du machst das jetzt.“ Den Aqua-King steuern, Eintritt kassieren, rekommandieren. Draußen sichert Andres Hernandez die Besucher und nickt, wenn gestartet werden kann – obwohl nicht alle Plätze besetzt sind. Dominik Scheit legt die Spannung und den Spaß in die Stimme, während er das Boot steuert. Mit jeder neuen Runde sind mehr Besucher an Bord.
Tombola der Schausteller am Montag
Zum Familientag laden die Schausteller am Montag, 14. August, ein. Ab 14 Uhr gelten hier viele Rabatte. Gegen 18 Uhr erfolgt am Montag zudem die Tombola-Auslosung, womit das Spremberger Heimatfest 2023 endet. Tino Krämer ist es wieder gelungen, bei Unternehmern und Geschäftsinhabern Preise für die Los-Sammler zu sichern. Lose gibt es seit Freitag an vielen Fahrgeschäften – so lange der Vorrat reicht.