Von Jan Augustin

Neuwahlen in Senftenberg? Gänzlich ausgeschlossen ist das nicht. Sieben Wahleinsprüche liegen bei Wahlleiterin Beata Jenchen auf dem Tisch. Bei der konstituierenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am Mittwochabend stellte sie die Vetos vor. Um die Einsprüche zu prüfen, wird die Hauptamtsleiterin jetzt Gesetze wälzen und sich Rat bei der Kommunalaufsicht holen. Dann kann sie für die Abgeordneten eine Stellungnahme erarbeiten, auf deren Grundlage sie über das weitere Vorgehen entscheiden. Wie lang sich der Prozess hinzieht, ist unklar.

Sechs der sieben Einwendungen haben inhaltlich fast denselben Inhalt, bestätigt Beata Jenchen. Nach RUNDSCHAU-Recherchen richten sie sich gegen die Wahl des AfD-Politikers Dr. Olaf Kappelt. Die Einwender begründen ihre Einsprüche mit der Annahme, der Kandidat habe in Senftenberg nicht seinen Hauptwohnsitz. Die Wählbarkeit wäre dann nicht mehr gegeben, erläutert Beata Jenchen. Fakt jedoch ist: Olaf Kappelt ist vom Wahlausschuss zur Wahl zugelassen worden, hat also auch eine Bestätigung vom Einwohnermeldeamt vorlegen können. Ob seine Anschrift in Hosena aber auch der ständige Wohnsitz ist, das müsse nun beurteilt werden.

Gegenüber der RUNDSCHAU sagt Olaf Kappelt: „Ja, sicher doch!“ – Hosena sei sein Hauptwohnsitz. Im vergangenen Jahr habe er dort eine Immobilie aus der Zwangsversteigerung erworben. Der ehemalige Eigentümer lebe nun zur Miete bei ihm. Kappelt selbst wohne in einem Nebengebäude des Dreiseitenhofes. Dass er sich jetzt mit Wahleinsprüchen gegen seine Person auseinandersetzen muss, nimmt er äußerlich gelassen hin und kündigt an: „Ich werde das durch das Verwaltungsgericht prüfen lassen.“

Bei der Kommunalwahl Ende Mai holte der 66-jährige Olaf Kappelt, der als Büroleiter beim AfD-Bundestagsabgeordneten Jörn König angestellt ist, die meisten Stimmen in Senftenberg. Das sei auch ein eindeutiger Beleg dafür, dass er eine Verankerung vor Ort habe. 1773 Wähler setzten ihr Kreuz hinter seinen Namen. Er ist damit Wahlsieger von insgesamt 111 Kandidaten. „Der Wähler hat mich eindeutig gestützt“, sagt er. Mit sachbezogener und konstruktiver Politik wolle er das „kommunale Leben bereichern“ – auch als AfD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag, der an diesem Donnerstag zusammenkommt.

Die Tausender-Marke in Senftenberg überschritten haben nur noch die SPD-Abgeordnete Martina Gregor-Ness (1454), Silvio Wolf (AfD, 1345) und Klaus-Jürgen Graßhoff (CDU, 1002). Die SPD ist stärkste Fraktion mit sieben Sitzen, die AfD kommt bei ihrem Debüt auf fünf, CDU und Linke auf je vier Sitze. Je zwei Sitze stehen SFB und Freie Wähler OSL zu. Je einen Sitz haben Grüne/B 90, FDP, Agsus und WfS.

Über die Gültigkeit der Wahl konnten die ehrenamtlichen Parlamentarier am Mittwoch also nicht wie geplant entscheiden. Neuwahlen kämen laut Gesetz allerdings nur in Betracht, wenn die Einwendungen gegen die Wahl begründet sind und die Tatbestände so schwerwiegend sind, dass ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre. Das Wahlergebnis würde dann berichtigt oder die Wahl für ungültig erklärt werden, erläutert Beata Jenchen. Es könne aber auch sein, dass der betroffene Kandidat seine Wählbarkeit verliere und dann ein Nachrücker den freien Sitz in Anspruch nehmen könnte. An Neuwahlen glaubt Beata Jenchen jedenfalls nicht.