Auf dem sonst ruhigen Kirchplatz in der Lübbenauer Altstadt herrscht diese Woche eine ungewöhnlich geschäftige Atmosphäre. Kettensägen brummen und rasseln, große schwere Holzstämme knallen zu Boden, der Geruch von Sägespänen liegt in der Luft. Die Bildhauer bereiten den groben Schnitt ihrer Skulpturen vor, bevor in den nächsten Tagen der Feinschliff kommt.
Daneben das Zelt der Karikaturisten. Mit Kopfhörern unter dem Gehörschutz sitzen sie vertieft an ihren Tischen und zeichnen. Ob digital, mit Öl oder Bleistift – jeder hat sein bevorzugtes Medium mitgebracht und stürzt sich tagelang in einen kreativen Flow.
Acht Tage lang, von 10 bis 18 Uhr, arbeiten 25 Künstler an ihren individuellen Werken, die am kommenden Samstag (16. September) bei einer Auktion versteigert werden.
Die Entstehung der Kunstwerke kriegt das Publikum hautnah mit. Im Vergleich zu einer gewöhnlichen Ausstellung geht es hier nicht nur um die Bewunderung des Endprodukts, sondern vielmehr um den Austausch untereinander und das Miterleben und Beobachten des Prozesses.
Das diesjährige Leitthema des Freiluftateliers heißt „Brücken“. „Es soll Künstler und Besucher gleichermaßen sensibilisieren – zu vorherrschenden Diskrepanzen zwischen Mensch und Natur, zwischen Gesellschaft und Individuum.“
So beschreiben es die Veranstalter der Lübbenaubrücke. Und das nehmen sich auch die Künstler zu Herzen. Sie haben sich schon im Voraus Gedanken gemacht, wie sie dieses Thema visualisieren.
25 Künstler – 25 Ideen und Arten der Umsetzung
Ein öffentlicher Ort wird zu einem offenen Atelier – und in einem Atelier kennt man sich untereinander. So auch hier, denn die Szene der Bildhauer und Karikaturisten in Deutschland ist überschaubar. Wer sich noch nicht kannte, lernt sich spätestens in den ersten Stunden kennen, wenn es darum geht, die anderen nach Hilfe zu fragen – alleine lässt sich das massive Eichenholz nicht bewegen.
Silvio Ukat steht vor einem Baumstamm, der doppelt so hoch ist wie er selbst. Als Beobachter könnte man meinen; der Bildhauer sieht überfordert aus. Doch seine Skizze verrät schon ziemlich genau, was entstehen soll. „Eine Brücke kann auch ein Tor sein“, steht unter seiner Zeichnung geschrieben.
Mitten im Lärm der Kettensägen sitzt Charlotte Payet und flechtet meditativ. Die 30-jährige Skulpturistin arbeitet mit natürlichem Holz und Fäden aus recycelten Kunststoffflaschen. Diese zwei gegensätzlichen Materialien bringt sie zu flaschenförmigen Skulpturen zusammen – und schlägt damit eine Brücke.
Während alle fokussiert arbeiten, bleibt der Bildhauer Ghaku Okazaki noch geheimnisvoll verborgen. Ein Zettel an seinem Stand gibt einen Hinweis: „Der Künstler ist im Wald am Skizzieren.“ Es hat eben jeder sein eigenes Tempo; und das ist auch gut so, solange alle Skulpturen bis zur Auktion am Samstag fertig werden.
Der Austausch macht diese Veranstaltung einzigartig
Im Kontrast zum energischen Außenbereich sitzen die Karikaturisten mit der Konzentration einer braven Schulklasse im Pavillon und zeichnen.
Annika Frank verrät, warum sie schon das zweite Mal beim Spreewaldatelier dabei ist. Ihr geht es vor allem um Austausch. „Als Illustratorin arbeite ich die meiste Zeit alleine. Es ist schön, hier bekannte Gesichter zu sehen und von den älteren Kollegen zu lernen.“ Auch die Gespräche mit den Besuchern sind bereichernd für die Künstlerin. Das Feedback der Zuschauer kriegt man hier direkt mit, während das Bild noch mitten im Entstehungsprozess ist.
Das kann aber auch verunsichernd sein. Mathias Hühn hat mit seiner Karikatur unter dem Motto „Gerechte Ernährung – Brücken bauen zwischen Mensch und Tier“ wohl schon etwas Kritik geerntet. Die Abbildung zeigt zwei identisch aussehende Wurstscheiben. „Für Kinder: Bärchenwurst und für Bärchen: Kinderwurst“ steht dazu geschrieben. Ach na ja, Kunst soll ja auch zum Nachdenken anregen, und von Karikaturisten muss man auch ein wenig provokanten Humor erwarten dürfen.
Nicht nur zuschauen, sondern auch mitmachen
Wer sich auch mal am Bildhauerhandwerk ausprobieren möchte, hat in der Kreativwerkstatt die Möglichkeit dazu. Eike Rothe und Willi Selmer sind regionale Bildhauer, die ihr Können und ihre Expertise vermitteln. Original Pappelrinde aus dem Spreewald hat Willi Selmer gesammelt und stellt es für alle zur Verfügung, die das Schnitzen lernen möchten.
Rothe hat eine große Ladung Gasbeton hinter den Werkbänken. „Ein tolles Material für Anfänger, weil es sich gut bearbeiten lässt.“ Die beiden Künstler bieten somit an, bildhauerische Fähigkeiten auch an Kinder und Jugendliche ranzutragen.
Infos zur Veranstaltung
● Das Spreewaldatelier findet vom 9. bis zum 16. September statt.
● Von 10 bis 18 Uhr täglich sind die Künstler am Kirchplatz der Lübbenauer Altstadt aufzufinden.
● Am Samstag, dem 16. September, findet von 16 bis 18 Uhr die Auktion statt. Jeder darf mitbieten.
● Für danach gibt es Livemusik und Tanzperformance. Täglich von 10 bis 13 und 15 bis 18 Uhr hat auch die Kreativwerkstatt geöffnet.
● Es gibt noch viele weitere Aktionen in den nächsten Tagen, zum Beispiel einen Cartoon-Workshop am Donnerstag von 10 bis 13 Uhr oder am Freitag um 12 Uhr innovative Orgelmusik in der Nikolaikirche.
● Für danach gibt es Livemusik und Tanzperformance. Täglich von 10 bis 13 und 15 bis 18 Uhr hat auch die Kreativwerkstatt geöffnet.
● Es gibt noch viele weitere Aktionen in den nächsten Tagen, zum Beispiel einen Cartoon-Workshop am Donnerstag von 10 bis 13 Uhr oder am Freitag um 12 Uhr innovative Orgelmusik in der Nikolaikirche.