Von Ingrid Hoberg
Wie, um alles in der Welt, entdeckt ein Berliner Künstler den Ort Jamlitz? Gibt es da nicht reizvollere Plätze für eine schöpferische Arbeit? Diese Fragen stellen Besucher der Vernissage in der Kleinen Galerie Goyatz dem Maler und Zeichner Bernd Beck. 1942 in Geseke (NRW, Kreis Soest) geboren und aufgewachsen, war es ihm nicht vorbestimmt, in Brandenburg eine Heimat zu finden. Aber vielleicht hängt ja alles mit der B 1 zusammen, die an der deutsch-niederländischen Grenze bei Aachen beginnt, über das Ruhrgebiet nach Berlin quer durch Deutschland führt und erst auf der Oderbrücke in Küstrin endet. Sie geht in die polnische DK 22 über, die bis nach Königsberg (Russland) führt wie einst die R 1. Ich habe, als ich 30 Jahre lang in Berlin-Steglitz lebte, immer gesagt, dass ich gar nicht so weit von meinem Heimatort entfernt bin immer an der B 1, sagt er mit einem Lächeln.
Nach dem Fall der Mauer war er viel im Berliner Umland unterwegs zwischen Ostsee und Lausitzer Bergland. Im Internet hatten er und seine Frau Hildegard dann das Haus entdeckt, das vor Ort gar nicht so einfach zu finden war, wie er sich erinnert. Glashütte gab es als Adresse scheinbar nicht. Ein Nachbar sagte uns dann, dass wir nur um die Ecke gehen müssen, um das Haus so zu sehen wie auf dem Foto im Internet, erzählt er. Es war, als wenn ich nach Hause komme, schildert er seinen ersten Eindruck. Die Landschaft hat den Berliner Künstler gleich begeistert: der Blick auf den Schäferteich, auf die Wiesen. Wenden siedelten hier, und Deutsche. Sagen erzählen davon. Es gab eine Glashütte, die nicht mehr existiert, von der aber immer noch Spuren zu finden sind, sagt Bernd Beck.
Von der Jamlitzer Künstlerkolonie wusste der Berliner Künstler nichts, erst von Familie Krebs, den Vorbesitzern des Hauses, erfuhr er davon, dass diese Landschaft Anfang des 20. Jahrhunderts schon einmal Berliner Maler angezogen hatte. Inzwischen ist er selbst Teil der Wiederbelebung der Jamlitzer Künstlerkolonie gemeinsam mit Udo Keck und dem Pisspott, dem ehemaligen Gartenatelier von Walter Kühne. Es wird von Urenkelin Friederike Seiffert und weiteren Akteuren unterstützt.
Es ist übrigens die zweite Ausstellung eines Jamlitzer Künstlers in der Kleinen Galerie Goyatz, bemerkt Peter Löwe. Im Jahr 1994 habe es eine Ausstellung mit Arbeiten von Walter Kühne (1875 1956) gegeben mit Leihgaben aus der Sammlung von Heinz-Gerd Hesse aus Lieberose. Ich bin froh, dass nun Bernd Beck auf uns zugekommen ist, sagt der Kurator. Es sind Arbeiten aus verschiedenen Schaffensperioden zu sehen, die einen Einblick in das Verständnis des Künstlers zur Themenfindung und Umsetzung geben. Grundlage meiner künstlerischen Arbeit ist das Experiment mit dem Raum in der Zeichnung und Malerei, sagt er. Und so steht die Ausstellung treffender Weise unter dem Motto Raumbefragungen. Darüber spricht er gern mit den Besuchern der Kleinen Galerie Goyatz. Es redet hier nicht nur einer, Gäste können Fragen stellen, freut sich Bernd Beck, dass der Künstler und sein Schaffensprozess im Mittelpunkt stehen. Ich schätze die Arbeit von Herrn Löwe sehr, unterstreicht Bernd Beck in diesem Zusammenhang.
Meine Arbeiten sind der Versuch, Gestaltungsmöglichkeiten zu erproben, die analog zur Wahrnehmung eine Darstellung verschiedener räumlicher Aspekte ermöglichen, ergänzt er. Damit wolle er die Ebene des bloßen Abbildens von Realität überwinden. Einen künstlerischen Forscher nennt ihn Peter Löwe. Das sollte eigentlich jeder sein, der eine Hochschule besucht hat, sagt Bernd Beck. Das sei ja der Reiz, dass in jedem Kopf ein anderes Bild entsteht. Ich bin noch nicht zu Ende, ich habe noch viel zu entdecken.
Dabei malte er als Achtjähriger sein erstes Bild. Dafür habe ich habe die Aquarellfarben von meinem Vater genommen, erzählt er. Der Farbkasten war danach nicht mehr zu gebrauchen, doch sein Vater, der sich mit Linolschnitt befasste, gab ihm dann Zeichenunterricht. Bis ich dachte, ich kann alles, dann habe ich nur noch abstrakt gemalt. Was an Kenntnissen und Fähigkeiten fehlte, musste er allerdings später an der Hochschule der Künste nachholen. Dabei brachte er im Vergleich zu den meisten seiner Kommilitonen viele praktische Erfahrung, Kenntnisse über Materialien mit. Bernd Beck hatte das Malerhandwerk erlernt, als Gehilfe gearbeitet und dann erst das Kunststudium aufgenommen. Ich wusste immer, was ich wollte, sagt er. Und das war das Malen. Doch in einer Arbeiterfamilie mit vier Söhnen war das Abitur für ihn nicht möglich. Nach der Volksschule war Schluss, so blieb nur der zweite Bildungsweg. Ohne die Unterstützung meiner Frau hätte ich vieles nicht machen können, bekennt Bernd Beck.
Aus der Malerei schöpft er immer wieder Kraft.