Für Kinder ist es meist eine schwierige, oft auch eine einschneide Erfahrung: Die Eltern trennen sich. Ein Elternteil zieht aus. Die Frage lautet: Bei wem soll das Kind demnächst wohnen? Nicht zuletzt geht es auch um Geld. Es muss geklärt werden: Wie viel Unterhalt muss Vater oder Mutter demnächst an den Ex-Partner bezahlen?
Die „Düsseldorfer Tabelle“, die Jahr für Jahr eine Richtlinie für Unterhaltszahlungen ist, weist den Weg. Je nach Einkommen, Alter der Kinder und anderen Berechnungsgrundlagen zeigt sich, wie viel Unterhalt dem jeweiligen Kind zusteht. Doch: Was passiert, wenn der jeweilige Elternteil nicht zahlen kann oder nicht zahlen will? Die Antwort: Der Staat springt ein.
Der Staat, das ist im Fall eines Kindes in der Region Hoyerswerda das Landratsamt in Bautzen. Dort gibt es die Möglichkeit, einen Unterhaltsvorschuss zu beantragen, wenn der Unterhaltspflichtige den Zahlungen nicht nachkommt. Diese Möglichkeit wird seit Jahren tausendfach genutzt.
Mehr als 3000-mal Unterhaltsvorschuss im Kreis Bautzen
Laut Statistik der Bautzener Kreisverwaltung hat es allein im Jahr 2022 rund 3600 Fälle gegeben. Der Höchstwert hat im Jahr 2020 bei 4081 Fällen gelegen. Den Landkreis kostet der Unterhaltsvorschuss seit dem Jahr 2018 jährlich um die zehn Millionen Euro. Ein Drittel, also jährlich rund drei Millionen Euro, muss der Landkreis aus eigener Tasche beisteuern. 70 Prozent tragen Bund und Land – das heißt: Steuergelder.
Seit Jahren steigen die Kosten für den Unterhaltsvorschuss in Sachsen und Brandenburg, wie die Statistik des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zeigt. Im Freistaat Sachsen sind im Jahr 2022 insgesamt 145,2 Millionen Euro in den Unterhaltsvorschuss geflossen, in Brandenburg 102,2 Millionen Euro. Bundesweit geben Behörden pro Jahr dafür mehr als zwei Milliarden Euro aus. Der Höchstwert lag im abgelaufenen Jahr 2022 bei 2,5 Milliarden Euro.
Rückforderungen sind in vielen Fällen schwierig
Jedoch hilft der Staat durch den Unterhaltsvorschuss lediglich aus. Das bedeutet: Es gibt Rückzahlungsforderungen gegenüber demjenigen, der den Unterhalt nicht zahlen kann oder will. Das funktioniert am Beispiel des Landkreises Bautzen so: Der oder die Betroffene bekommt eine Zahlungsaufforderung des Landratsamtes. Wie die Kreisverwaltung mitteilt, kommt es bei fristgerechter Rückantwort meist zu einer außergerichtlichen Vereinbarung für eine Ratenzahlung. Denn: In den meisten Fällen fließen pro Kind einige hundert Euro pro Monat. Das bedeutet: Es läuft oftmals eine höhere Summe auf.
Gelingt keine Einigung, beginnt in aller Regel der lange Weg durch die Instanzen. Dann mahnt das Landratsamt zunächst an und droht mit Zwangsmaßnahmen. Reagiert der- oder diejenige dann weiterhin nicht, bleibt dem Amt nur die Beantragung eines Mahnverfahrens und einer Unterhaltsklage. Erst wenn Gerichte dann grünes Licht geben, sind Lohn- und Kontopfändungen denkbar.
Sachsen zahlt 145 Millionen Euro an Trennungskinder aus
Die Statistik zeigt, dass eine Rückforderung der Vorschüsse in vielen Fällen nicht funktioniert. Beispiel Sachsen: Der Freistaat hat im Jahr 2022 insgesamt 145,2 Millionen Euro Unterhaltsvorschuss ausgezahlt. Zurückgeflossen sind jedoch nur 26,4 Millionen Euro. Das sind gerade einmal 18 Prozent. In Brandenburg sieht es mit 19 Prozent (gezahlt: 102,2 Millionen Euro, eingenommen: 19,4 Millionen Euro) nicht besser aus. Der Bundesschnitt liegt bei 20 Prozent. Die beste Rücklaufquote hat im Jahr 2022 Baden-Württemberg mit 26 Prozent, die schlechteste ist für Bremen (zehn Prozent) verzeichnet. Der Landkreis Bautzen liegt mit 21 Prozent deutlich über Sachsen- und knapp über dem Bundesschnitt.
Oft bleibt für den Landkreis Bautzen nur der Klageweg
Doch wie ist es um die Zahlungsmoral derjenigen bestellt, die einen Unterhaltsvorschuss zurückzahlen sollen? Laut Landratsamt Bautzen ist die Zahlungsmoral unterschiedlich. „Der Klageweg ist jedoch in einer Vielzahl von Fällen unumgänglich“, heißt es. Ob sich manche Elternteile trotz finanzieller Möglichkeiten vor einer Zahlung drücken wollen, kann das Landratsamt nicht beantworten. Tendenzen seien nicht erkennbar, teilt die Kreisverwaltung mit. Wobei jedoch auch sie weiß, dass der eine oder die andere versucht, den Unterhaltsanspruch möglichst kleinzurechnen.
Um herauszubekommen, wie viel Geld der- oder diejenige wirklich zur Verfügung hat, kann allerdings auch der Staat einige Hebel in Bewegung setzen – wie eine Vermögensauskunft über den Gerichtsvollzieher, eine elektronische Auskunft beim Rentenversicherungsträger und Auskunftsersuchen bei Arbeitgebern sowie per Kontenabrufverfahren.
Wie geht es mit dem Unterhaltsvorschuss im Landkreis Bautzen weiter? Bleibt er auf dem Niveau von zehn Millionen Euro oder steigt der Wert weiter? Die Kreisverwaltung rechnet wegen einiger gesetzlicher Änderungen beim Bürger- und Wohngeld mit steigenden Antragszahlen. Noch zeichneten sie sich allerdings noch nicht ab, heißt es.
Betreuungsmodell, Ansprechpartner, Düsseldorfer Tabelle
Nach einer Trennung gibt es oft auch Diskussionen, wie das Kind oder wie die Kinder anschließend betreut werden sollen. Meist genutzt werden das Residenzmodell und das Wechselmodell.
Beim Residenzmodell lebt das Kind dauerhaft bei einem Elternteil. Das jeweils andere Elternteil bekommt ein dauerhaftes Umgangsrecht. Das bedeutet: Das Kind ist jeweils an Wochenenden beim anderen Elternteil.
Beim Wechselmodell lebt das Kind wechselweise eine Woche bei der Mutter und eine beim Vater. Der Vorteil: Beide Eltern haben eine Möglichkeit der dauerhaften Betreuung.
Beim Residenzmodell lebt das Kind dauerhaft bei einem Elternteil. Das jeweils andere Elternteil bekommt ein dauerhaftes Umgangsrecht. Das bedeutet: Das Kind ist jeweils an Wochenenden beim anderen Elternteil.
Beim Wechselmodell lebt das Kind wechselweise eine Woche bei der Mutter und eine beim Vater. Der Vorteil: Beide Eltern haben eine Möglichkeit der dauerhaften Betreuung.
Residenzmodell oder Wechselmodell? Die Universität Duisburg-Essen (UDE) hat jetzt mit der Studie „Familienmodelle in Deutschland“ untersucht, wie sich Eltern in den verschiedenen Modellen fühlen. Ergebnis: Eltern im Wechselmodell, die Kinder beide hauptsächlich betreuen, weisen laut der Studie ein erhöhtes psychisches und soziales Wohlbefinden auf. Die Mitverfasser Dr. Tobias Helms und Professorin Dr. Anja Steinbach von der UDE betonen jedoch, jedes Elternpaar müsse das richtige Modell für sich finden - etwa dann, wenn ein Elternteil deutlich mehr Betreuungszeit übernimmt als das andere.
Hier finden Interessierte mehr Informationen zum Unterhaltsvorschuss im Landkreis Bautzen:
https://www.landkreis-bautzen.de/landratsamt/dienstleistung/unterhaltsvorschuss-fuer-alleinerziehende/100
https://www.landkreis-bautzen.de/landratsamt/dienstleistung/unterhaltsvorschuss-fuer-alleinerziehende/100
Die „Düsseldorfer Tabelle“ liefert Jahr für Jahr einen Hinweis über die Höhe von Unterhaltszahlungen für Kinder und Jugendliche.
https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2023/Duesseldorfer-Tabelle-2023.pdf
https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2023/Duesseldorfer-Tabelle-2023.pdf