Von Katrin Demczenko

Immer finden die Kulturfabrik (Kufa) Hoyerswerda und der Verein „Gundermanns Seilschaft“ neue Wege, sich dem Liedrockpoeten Gerhard „Gundi“ Gundermann zu nähern. Die Gundiparty 2019 setzte vor allem auf Geschichten, die Christian Völker-Kieschnick Samstag im Erzählsalon zum Thema „Gundi und ich“ einsammelte. Gundermanns Weggefährten erzählten von diesem besonderen Menschen. Die Fans seiner Musik verrieten wiederum, welche Gefühle Liedtexte und Klänge auslösen.

Mit Gundermann befreundet war Monika Koban-Stein aus Spremberg, die von 1977 bis 1998 in Sabrodt wohnte. Sie unterrichtete an der Polytechnischen Oberschule Schwarze Pumpe und erzählte, dass Gundi dort einmal gegen Naturalien gesungen hat. Geld zur Bezahlung gab es nicht, aber Familie Koban-Stein hatte privat ein Schwein geschlachtet, von dem der Sänger als „Lohn“ etwas abbekam. Nach einem Auftritt im Sabrodter Kulturhaus wollte Gundermann die Kneipe mit Bühne und Saal kaufen, durfte aber nicht, weil gerade ein Parteiverfahren gegen ihn lief, erzählte Monika Koban-Stein.

Sie hielt immer zu Gerhard Gundermann, egal ob dieser bei der SED aneckte oder in den 1990er Jahren als Stasispitzel enttarnt wurde. Sie sprach von seinen Konzerten und Songs, „als aus den einfachsten Sachen die dollsten Dinge entstanden sind. Es war so eine Leichtigkeit des Seins.“

In der Berufsschule des Gaskombinates Schwarze Pumpe (GSP) unterrichtete Hans Kettner, der dort den Singeklub „Dampfmaschine“ leitete und deshalb mit Gerhard Gundermann zusammenarbeitete. Der junge Künstler hatte den Berufsschülern 1979 das Programm „Ellenlange Geschichten“ über den Aufbau und die Arbeit im GSP geschrieben und begleitete die Proben, berichtete Kettner. Das Eröffnungslied war die Urfassung des Titels „Gras“, den Gundi später in einer weiterentwickelten Version veröffentlicht hat. Damals sang ihn eine Schülerin und davon konnte Hans Kettner im Cafe Auszeit eine Aufnahme vorspielen.

Nach erfolgreichen Auftritten mit dem Programm in Schwarze Pumpe und Hoyerswerda durften die Berufsschüler 1981 zum Festival des Politischen Liedes in Berlin auftreten. Dort sangen auch Gundermann und die Brigade Feuerstein vor der FDJ-Spitze um Egon Krenz unter anderem den kritischen Demokratie-Tango. „Weil das Westfernsehen berichtete, gelangte die Aufnahme dieses Titels in die Sendung Kennzeichen D“, erzählte Hans Kettner.

Der Kulturarbeiter Dieter Popp, der in der Illingmühle im sächsischen Gimmlitztal wohnt, war von 1982-1987 Leiter des Studentenklubs der TU Bergakademie Freiberg (TUBAF). Dort sang Gundermann mehrmals solistisch und mit Conny spielte er das Stück „Glücksland“. In dem Programm sollten auch Zuschauer über ihre guten Taten erzählen und Gundi verschenkte jedem Sprecher ein Bonbon aus einem großen Glas. „Als jemand den Ausbau des Klubkellers als Großprojekt erwähnte, übergab mir Gundi, spontan wie er war, das ganze Bonbonglas“, erinnerte sich Dieter Popp. Heute organisiert Dieter Popp Gundermann-Lied-Programme, weil er diese zu den neuen Volksliedern rechnet und unbedingt weiterverbreiten will.

Jörg Simon aus Oederan kam zu Gundermanns Musik, weil sie ein Freund privat zur Gitarre gesungen hat. 2001 war der junge Mann bei der ersten Tour der Tübinger Randgruppencombo dabei, erfuhr etwas von Gundis Biografie und ist seitdem Fan des eigenwilligen Rockpoeten. Jörg Simon hat an der TUBAF studiert, aber im Gegensatz zum Lausitzer Baggerfahrer Gundermann nie im Tagebau gearbeitet. Diese Arbeitswelt erschließt sich Jörg Simon jetzt mit Gundis Liedern.

Regelmäßig besucht er in Hoyerswerda und anderswo Konzerte der Band „Seilschaft“ und vom Duo „Steinlandpiraten“. „Die haben auf meinem 40. Geburtstag gespielt und gleich treten sie hier auf“, freut sich Jörg Simon schon auf die Live-Musik. Den Gundermann-Partyabend in der Kulturfabrik beendete die Band „44 Leningrad“ mit ihrem ansteckenden Musikmix aus Polka, Ska und westlichem Pop.