Von Dietrich Schröder
Während in Brandenburg am Fahrplan für den Ausstieg aus der Braunkohleförderung gearbeitet wird, gibt es in Polen weiter Planungen für neue Tagebaue. Darunter auch direkt an der Neiße, östlich von Guben und Forst. Die betroffenen Kommunen halten dagegen.
Rund um Gubin lagern 800 Millionen Tonnen Braunkohle in der Erde. Wenn wir das geplante Kraftwerk mit 3000 Megawatt Leistung bauen und dafür jährlich 17 Millionen Tonnen Kohle fördern, könnte der Komplex 50 Jahre betrieben werden. Mit diesen Worten und der Aussicht auf Hunderte Arbeitsplätze machte der Regionalchef des polnischen Energiekonzerns Polska Grupa Energetyzna (PGE), Grzegorz Kotkiewicz, Politikern aus der Region vor wenigen Tagen erneut ein Projekt schmackhaft, über das in Brandenburgs unmittelbarer Nachbarschaft seit einem Jahrzehnt gestritten wird.
Die PGE betreibt östlich von Zittau bereits das drittgrößte polnische Braunkohle-Kraftwerk. Der dortige Tagebau Turow soll sogar noch erweitert werden. Dass man sich darüber hinaus weiter um den Tagebau-Aufschluss bei Gubin bemüht, bestätigt Kotkiewicz.
Das Planungsvorhaben liegt zwar auf Eis, nachdem es bei der 2016 durchgeführten Umweltprüfung zahlreiche Einwände auch von Brandenburger Seite gab. Die zuständige Umweltbehörde in Gorzów hat dem Konzern jedoch Zeit bis Mitte dieses Jahres eingeräumt, um auf Bedenken etwa zur Absenkung des Grundwasserspiegels und dessen Auswirkungen für die Neiße zu reagieren.
Auch die Marschallin der Woiwodschaft Lebuser Land, Elzbieta Polak, macht deutlich, dass man sich von dem Vorhaben nicht verabschiedet habe. Im Gegenteil: Von Seiten der Woiwodschaft wurden alle Planungen erbracht, die notwendig sind, sagt sie. Im Raumordnungsplan ist von der strategischen Bedeutung der Lagerstätte für Polens Volkswirtschaft die Rede. Die endgültige Entscheidung fällt jedoch in Warschau, sagt die Regionalpolitikerin.
Der größte Widerstand kommt nach wie vor von den unmittelbar Betroffenen: rund einem Dutzend kleiner Dörfer, die dem Vorhaben weichen müssten. Sie gehören den Gemeinden Gubin-Land und Brody an. Bereits vor zehn Jahren hatten sich deren rund 2000 Bewohner in Referenden mehrheitlich gegen den Tagebau ausgesprochen.
Zwar haben diese Voten keine verbindliche Wirkung, zumal die Bewohner Gubins seinerzeit mehrheitlich für das Vorhaben stimmten. Die Gemeindevorsteher fühlen sich dem Votum ihrer Bürger aber weiter verpflichtet. Unser Territorium würde völlig zerstört werden, sagt Zbigniew Barski aus der Gemeinde Gubin-Land. Er wolle erreichen, dass die Investition aus den Planungen der Woiwodschaft gestrichen wird, sagt der Lokalpolitiker auch mit Blick auf die Klimadebatte.
Die Gemeine Brody will noch einen Schritt weiter gehen: Auf dem Gelände, wo der Tagebau geplant war, soll eine Fotovoltaik-Anlage entstehen. Wir sind bereits bei den Vorbereitungen, kündigt Ryszard Kowalczuk an. In früheren Jahren hatten deutsche und polnische Umweltschützer sowie die Bewohner der bedrohten Orte gemeinsam gegen die Planungen demonstriert. 2014 gab es eine internationale Menschenkette von Kerkwitz (Spree-Neiße) bis ins polnische Grabice. In jüngster Zeit ist es in dieser Beziehung ruhiger geworden. Es erscheint einfach unwahrscheinlich, dass heute noch ein Tagebau auf grüner Wiese eingerichtet wird, sagt Thomas Burchhardt.
Der Sprecher der Klinger Runde für den Erhalt der Heimat warnt jedoch vor voreiligen Schlüssen.
Falls die Regierung in Warschau den Tagebau bei Gubin als energiepolitisch notwendig einschätzen sollte, könnte er trotzdem entstehen, sagt er. Gleiches hält er selbst in Brandenburg bezüglich des zwar genehmigten, aber noch nicht erschlossenen Tagebaus Welzow II für möglich.