Im Frühjahr 1866 glich unsere Region einem Heerlager. Ein Krieg gegen Österreich, das mit mehreren deutschen Mittelstaaten, so auch Sachsen und Bayern verbündet war, zeichnete sich ab. Die Region entlang der Grenze zu Sachsen diente als Aufmarschraum für die preußischen Armeen. Einquartiert wurden die durchziehenden Soldaten in den Privatwohnungen der Bürger, wobei die Wirte nun für einen eigenen, trockenen, heizbaren und mit einem Abendlicht versehenen Raum zu sorgen hatten. Das Schlaflager war mit genügend Streu, einem Laken, Kopfkissen, Deckbett oder einer warmen Decke auszustatten. Bei der Verpflegung sollten sich Offiziere und Soldaten „in der Regel mit dem Tische des Wirtes begnügen“.

Mindestanforderungen vorgeschrieben

Damit jedoch keine Streitigkeiten entstanden, schrieb die Militärbehörde die Mindestanforderungen für einen Tag und Mann fest: Ein Pfund (500 gr.) Brot, ½ Pfund frisches oder gesalzenes Fleisch oder ¼ Pfund Speck, 1/5 Pfund Reis oder ¼ Pfund Graupe oder drei Pfund Kartoffeln, anderthalb Loth Salz (1 Loth = 16,6, gr.) und 1/16 Quart Branntwein (1 Quart = 1,14 Liter). Außerdem bestand noch der Anspruch auf Wasser zur Reinigung und auf ein Handtuch.

Chaos in Finsterwalde

Dass beim Einmarsch der vielen Soldaten in die kleine Stadt Finsterwalde und bei der Verteilung auf die einzelnen Quartierhäuser mitunter Chaos herrschte, lässt sich denken. Um hier eine kleine Erleichterung zu schaffen, empfahl ein besorgter Bürger: „Wäre es nicht in kürzester Zeit zu ermöglichen, die Straßenecken mit Schildern, worauf die Namen der Gassen deutlich zu lesen sind, zu versehen, damit die ankommenden, ermüdeten Krieger ohne viele Fragen schnell ihr Quartier erreichen könnten?

Abwechslung in Form von Musik

Die Truppendurchzüge brachten jedoch nicht nur Unbequemlichkeiten, sondern mitunter auch etwas Abwechslung. So gab am 3. Juni die Kapelle des Königl. Leib-Grenadier-Regiments ein großes Militärkonzert im Garten des Gastwirts Koch (später Haus der Freundschaft). Am Dirigentenpult stand kein Geringerer als der Direktor der gesamten Militärmusik des 3. Armee-Corps Gottfried Piefke, über den Fontane gereimt hatte: „ ,Vorwärts’ donnert der Dirigent, Kapellmeister Piefke vom Leibregiment. Und ,vorwärts’ spielte die Musica, und ,vorwärts’ fliegt der Preußen Hurra!“.
Militärmusikdirektor Gottfried Piefke. Entnommen: Wochenpost 38/1991 Repro: Ernst
Militärmusikdirektor Gottfried Piefke. Entnommen: Wochenpost 38/1991 Repro: Ernst
© Foto: Rainer Ernst
Piefke nahm dann auch, wie viele der in Finsterwalde eingezogenen Soldaten, an der Entscheidungsschlacht des Krieges bei Königgrätz teil. Die Legende erzählt, dass er noch auf dem Schlachtfeld seinen wohl berühmtesten Marsch, den „Königgrätzer“, schrieb. Die Nachgeborenen kennen dieses mit einer markigen Melodie versehene Musikstück nur noch durch die verballhornende Textzeile: „Wir hab’n den Kanal noch lange nicht voll“. Piefke übrigens, gilt als Namensgeber der etwas despektierlichen Bezeichnung der Österreicher für die Preußen: die Piefkes.

Ein Sohn meldet sich aus dem Krieg

Wie viele Finsterwalder damals eingezogen wurden und am Krieg teilnahmen, ist nicht überliefert. Einer von ihnen schrieb am 2. Juli an seine Eltern und Geschwister: „Ich befinde mich jetzt vor der Festung Josephstadt, um dieselbe helfen mit einzunehmen. Am 29. v.M. hat das 12. Regiment zum ersten Mal die Feuertaufe empfangen, wo es freilich sehr toll zuging. Unmöglich ist es, diese Katastrophe zu beschreiben; unser Bataillon stand 8 Stunden in dem größten Kugelregen, die Kanonenkugeln und Flintenkugeln flogen wie Hagelkörner durch die Luft und ich mußte im Kugelregen meinen gefallenen Kameraden verbinden, aber ich wurde vom allmächtigen Gott beschützt und beim Leben erhalten. Unsere Division hat einen Verlust von 1500 Mann, wogegen die Österreicher und Sachsen gerade über 3000 Mann haben. Auch über 1400 Gefangene haben wir gemacht… Von Finsterwaldern sind verwundet ein gewisser Gerasch, Unteroffizier Meier und Franz Behnisch, aber sehr leicht. Der Anblick des Schlachtfeldes war schrecklich. Ich schließe in der Hoffnung, daß Euch die paar Zeilen bei guter Gesundheit antreffen mögen und verbleibe Ihr getreuer Sohn Wilhelm Baranius.“
Baranius kehrte aus dem Krieg heim, nicht so seine Mitbürger F.B. Göpfert, C.E. Liebach, A. Urban und G.T. Bietsch, an die später eine Ehrentafel in der Trinitatiskirche erinnerte.

Hauptquelle: Finsterwalder Wochenblatt, Jg. 1866.