Von Frank Claus

Das seit Tagen anhaltende Fischsterben in der Schwarzen Elster und in Nebenflüssen und Gräben – nach Angaben des Brandenburger Landesbergamtes verursacht durch die unsachgemäße Einleitung von Grundwasser beim Bau der Eugal-Erdgastrasse – hat die Gewässer schwer geschädigt. Der Grund hierfür sind überaus niedrige pH-Werte und eine starke Versauerung der Schwarzen Elster und ihrer Zufluss-Gräben.

„Auf 24 Kilometern Länge zwischen Plessa und Neumühl zieht sich inzwischen die Fahne“, so der Ordnungsdezernent des Landkreises Elbe-Elster, Dirk Gebhard, vor Kommunalvertretern am Donnerstagnachmittag beim Krisentreffen an der Elstermühle in Plessa.

In Plessa wurde ein ph-Wert von 2,39 gemessen. Etwas Entspannung gibt es nach der Einmündung der Großen Röder bei Würdenhain (3,61). In Herzberg betrage der Wert 6,14.
„Wir müssen davon ausgehen, dass der Fluss in diesem Bereich weitgehend tot ist“, sagt Dirk Gebhard weiter. In einem Bericht des Landkreises an das Landesumweltamt heißt es: „Die Ökologie ist im Abschnitt Plessa bis Wahrenbrück zerstört.“ Die Rede ist von einer nachhaltigen Schädigung.

„Die Elster fließt ja nicht durch Potsdam“

Seit Monaten hat sich der Landkreis Elbe-Elster sowohl an das Landesumweltamt, als auch an das Landesbergamt – als Planfeststellungsbehörde auch zuständig für die wasserrechtliche Genehmigung – gewandt und auf die zunehmende Verschlechterung der Wassersituation hingewiesen. Erfolglos.
Erst als die RUNDSCHAU über den kritischen Zustand und die toten Fische berichtete, kam Bewegung in die Angelegenheit. „Für mich ist das alles Behördenversagen“, sagt Plessas Amtsdirektor Göran Schrey und Uebigau-Wahrenbrücks Bürgermeister Andreas Claus fügt sarkastisch an: „Die Elster fließt ja nicht durch Potsdam.“
Auch Anja Heinrich, Bürgermeisterin der Stadt Elsterwerda, macht sich Luft: „Die Kommunikation des Landes zu den Kommunen ist eine Katastrophe.“ Wie Göran Schrey erklärt sie, von den Zuständen erst aus der RUNDSCHAU erfahren zu haben.

Wer ist schuld am Fischsterben in der Schwarzen Elster?

Zu Wochenbeginn ist dann auch den beiden CDU-Landtagsabgeordneten Rainer Genilke und Dieter Dombrowski, letzterer ist umweltpolitischer Sprecher der Fraktion, sowie dem CDU-Landtagskandidaten Sebastian Rick die Hutschnur wegen der Untätigkeit der Landesbehörden geplatzt. Sie haben Druck ausgeübt und ein Krisentreffen für Donnerstag an der Elster einberufen. Das Ministerium hat, so Rainer Genilke, darauf einen am gleichen Tag angesetzten Vormittagstermin in Potsdam in die Herzberger Kreisverwaltung verlegt.
Weil auch nach dieser Sitzung nicht feststeht, wer als Verursacher die Verantwortung übernimmt – „hier schiebt es wieder einer auf den anderen“, so Rainer Genilke, „marschieren wir nach dem Vorort-termin in Plessa zur Polizeiwache nach Elsterwerda und geben eine Anzeige gegen Unbekannt auf.“

Kurt Augustin, Leiter der Abteilung Wasser und Boden im Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, räumt erhebliche Defizite der Vollzugsbehörden – das sind das Landesbergamt und die Obere Wasserbehörde – die viel zu schleppend kontrolliert und reagiert hätten, ein. „Das werden wir aufarbeiten“, sagt er.

Er werde nun auch prüfen lassen, ob der Auftragnehmer des Eugal-Projektes „ordnungsgemäß nach den Vorgaben der Wasserbehörde das Grundwasser eingeleitet“ habe. Schließlich sei zu ermitteln, wer die „finanziellen Belastungen“ des verursachten Umweltschadens zu tragen habe.
Zunächst sei festgelegt worden, die Einleitungen sofort zu stoppen. Allerdings: Da nun das Wasser auf nebenstehende Felder gepumpt worden ist, wird der Eintrag in die Elster nur verzögert. Nach Angaben des Kreises habe das dazu geführt, dass „massiv Wasser über den Dammgraben abgeleitet“ wurde.

Vier Sofortmaßnahmen zur Rettung der Schwarzen Elster festgelegt

Vier Sofortmaßnahmen seien am Donnerstag nach Angaben von Kurt Augustin festgelegt worden. Zunächst solle das Landesumweltamt dafür Sorge tragen, dass alle verendeten Fische eingesammelt werden, um keine weitere Keimbelastung der Elster und der Zuflussgräben zuzulassen. Mittels Bagger würden die toten Tiere gegenwärtig bei Neumühl aus dem Wasser geholt.
Der Landkreis hat in seinem jüngsten Bericht an das Land gemeldet: „Die verendeten Fische liegen massiv im Bereich oberhalb des Wehres Neumühl und treiben weiter in das Unterwasser ab. Diese müssen dringend beräumt werden, da eine erhebliche Geruchsbelästigung sowie eine Seuchengefahr besteht.“
Dann sei das Ministerium mit dem Landkreis übereingekommen, am Einlauf des Hammergrabens bei Plessa und bei Neumühl sofort provisorische Bekalkungen durchzuführen. Dort solle Kalk verflüssigt und in die Elster eingebracht werden.
In einem dritten Schritt sollen drei Anlagen zur Neutralisierung aufgebaut werden. Dosiert solle Kalk, Soda und Natriumdioxid eingeleitet werden.
Als weitere Maßnahme sei noch vor Inbetriebnahme der neuen, im Bau befindlichen Wasserbehandlungsanlage bei Plessa eine Wasseraufbereitungsanlage im Hammergraben bei Plessa vor dem Zufluss in die Elster zu installieren. So solle schnellstmöglich die zunehmende Eisenbelastung in der Elster gesenkt werden.

Lachs und Forelle könnten Schwarze Elster meiden

Kritisch sehen die Experten des Instituts für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow die entstandene ökologische Situation in der Schwarzen Elster. „Wir haben große Sorge, das unser Wiederansiedlungsprojekt von Lachs und Meeresforellen, unter anderem in der Elster und der Pulsnitz massiv gestört wird“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter Steffen Zahn.
Schon die zunehmende Eisenbelastung sei ein Problem. Das nun noch dazukommende saure Wasser führe zur Aufspaltung des Eisens und wirke hochtoxisch, also giftig. Damit sei nicht unwahrscheinlich, das Lachs und Forelle Elster und Pulsnitz meiden.