Von Frank Claus

Eine Führung in der Mühle in Wahrenbrück, das ist beileibe nicht nur Wissensvermittlung. Wenn Marleen Mirbach, die Tochter des letzten Müllers Heinz Ludwig, ins Erzählen kommt, ist es, als würde das Rad gut 60 Jahre zurückgedreht. Sie ist in der Mühle groß geworden, hat ihrem Vater nicht nur zugesehen, sondern später auch selbst mit Hand angelegt. Und das mal so und mal so. „Gucken Sie mal da oben, die zwei Haken im Balken. Da hatte Vater meine Babyschaukel dran gehangen und wer immer mal Zeit hatte, schubste mich an. So war ich eben dabei.“

Das alte Holz einer Mühle flößt immer Ehrfurcht ein. Wenn man das in Wahrenbrück aber sieht, besonders. „Sie denken, die Holzwürmer tanzen Polka, wenn Sie den bröselig gewordenen Mantel der Balken sehen? Schauen Sie mal in die Einkerbung da hinten. Das Holz ist kernig“, erzählt sie und berichtet, dass Mühlenholz lange gewässert und gelagert wurde, bevor es verbaut wurde. „Und von Mühlenexplosionen haben Sie auch noch nichts gehört?“ Der feine Staub, so Marleen Mirbach, konnte genauso gefährlich werden wie Kohlenstaub. Deshalb sei die Mühle an jedem Freitag von unterm Dach bis aufs Erdgeschoss gründlichst gefegt worden. Und weil das natürlich auch Staub macht, war der letzte Akt vorm langen Wochenende für die Müllerburschen: Klamotten aus und ab damit in die Waschmaschine. Eine mit Kurbel! Sogar die ist in Wahrenbrück noch erhalten.

Die Müllerstochter verhehlt auch nicht, dass ihr Vater sie einmal aus der Mühle gejagt hat. „Ich sollte helfen, die Säcke nach unten zu hieven. Mein Vater hatte mir genau erklärt, wie es geht. Weil es mir aber zu umständlich erschien habe ich sie einfach abgekippt und das ganze Gestänge verbogen. Da war was los“, berichtet sie.

Es ist ein Genuss, ihr zuzuhören. Sie schimpft, dass das alte Wehr nun vollends verschwinden soll, sieht dauerhaft Niedrigwasser kommen, glaubt, dass die unter Denkmalschutz stehende Mühle schwer zu erhalten sein wird, wenn nicht öffentliche Hilfe kommt. Sie redet, wie ihr der Schnabel gewachsen ist, erntet Beifall und kommt außer Puste. Jede halbe Stunde muss sie Mühlenführungen machen und freut sich am Ende doch: „Dass das Interesse immer noch so gewaltig ist, das ist schon schön.“

Nicht anders in Altbelgern, wo Frank Nitzsche die im Familienbesitz befindliche Mühle sorgsam hegt und pflegt. Dort hat sich bereits ein Freundeskreis gebildet, der den Mühlentag zum Erlebnis werden lässt. Auch, weil wie in Wahrenbrück einheimisches Handwerk und heimische Back- und Kochkunst es schmecken lässt wie bei Muttern.