Von Andreas Blaser
Wer am Wochenende mit der Deutschen Bahn beispielsweise von Cottbus nach Dresden (RE 15) oder von Cottbus nach Leipzig (RE 10) fahren wollte, konnte Pech haben. Die Deutsche Bahn die Odeg war übrigens nicht betroffen ließ in der Lausitz 45 Zugverbindungen ausfallen oder fuhr nur einen Teil der Strecke. Am Samstag betraf es 21 Züge, am Sonntag noch einmal 24.
Was aufhorchen lässt, ist vor allem die Begründung des größten deutschen Bahnkonzerns für die massiven Ausfälle. Neben dem bekannten Mangel an Lokführern, der aber Konkurrenten wie die Odeg genauso betrifft, nannte ein DB-Sprecher gegenüber der RUNDSCHAU drei wesentliche Gründe für das Lausitzer Bahnchaos am Wochenende.
Bahn nennt drei Gründe für Zugausfall in der Lausitz
Erstens werde in den Sommermonaten verstärkt an den Strecken gebaut. Dadurch könne ein Lokführer nicht mehr die komplette Strecke durchfahren, sondern es seien zwei Lokführer nötig, um vom jeweiligen Start- beziehungsweise Zielbahnhof bis zu der Baustelle und von da aus wieder zurückzufahren.
Zweitens hätten am Wochenende Lokführer für zusätzliche Fahrten für die brandenburgische Landesgartenschau in Wittstock/Dosse eingesetzt werden müssen. Im Klartext: Damit im Nordwesten Brandenburgs die Bahn vermutlich gut bezahlte Sonderfahrten und -leistungen erbringen kann, wird für Lausitzer Kunden der Fahrplan ausgedünnt.
Drittens, so der DB-Sprecher, hatte die Bahn am Wochenende rund um das Fusion-Festival nahe der Müritz Sonderzüge von und nach Berlin beziehungsweise Rostock eingesetzt, um die An- und Abreise der Festivalteilnehmer bewältigen zu können.
Allein beim Fusion-Festival habe es sich um 15 zusätzliche Züge gehandelt. Die Bundespolizei nannte die Zahl von knapp 16 500 Bahnreisenden allein in Richtung Berlin und Rostock. Laut Veranstalter fuhren knapp 25 000 Personen per Zug.
Bahn verweist bei Zugausfall auf die zehn Prozent Kapazität
Auf den Einwand, dass es sich bei diesen drei Begründungen aber um vorhersehbare Ereignisse handelte, auf die die Deutsche Bahn sich bereits im Vorfeld hätte vorbereiten können, verwies der DB-Sprecher auf die zehn Prozent Kapazität, die der Konzern für Sonderleistungen vorhalte, die aber zu Spitzenzeiten manchmal auch nicht reichen würden.
Wir müssen uns dann entscheiden, wo noch Kapazitäten bei Lokführern verfügbar sind. Gleichwohl schmerze es natürlich, vertraglich vereinbarte Leistungen nicht erbringen zu können, zumal dies das Unternehmen auch Geld koste.
Allerdings muss nicht nur die Lausitz bluten, wenn die Bahn anderswo große Probleme hat. Der Bahnsprecher verwies hier auf die Strecke der RB 55 zwischen Hennigsdorf und Kremmen, die in der Vergangenheit unregelmäßig befahren wurde, weil Lokführer fehlten oder woanders eingesetzt wurden.
Pro Bahn hat keine Beschwerden registriert
Die Bahnkunden selbst sind offenbar Ärger gewohnt und reagieren erst einmal stoisch und resignierend auf die Zugausfälle. Peter Cornelius, Chef des Fahrgastverbandes Pro Bahn Berlin-Brandenburg, hat bislang keine Beschwerden registriert und mutmaßt, dass der Frustrationslevel der Bahnreisenden inzwischen schon sehr hoch ist. Auch im Kummerkasten des Bundesverbandes Pro Bahn seien keine Beschwerden eingegangen.
Und dennoch sagt ein anderer Bahn-Kundenverband, dass es so nicht weitergehen kann. Michael Wedel, Landeschef Nordost des Deutschen Bahnkunden-Verbands, verweist darauf, dass es nicht nur einen Lokführermangel gibt. Bei Fahrdienstleitern sieht es leider nicht besser aus. Hinzu komme aber auch Wagenmangel. Zehn Prozent Fahrzeug-Reserve seien einfach zu wenig.
Würden nämlich mehr Personen-Wagen zur Verfügung stehen, könnten die Züge theoretisch verlängert werden mit einem Lokführer könnten dann mehr Fahrgäste befördert werden. Aber auch dies gehe zurzeit nicht, weil in Nordost-Deutschland viele Bahnsteige nach Modernisierungsmaßnahmen zu kurz sind. Längere Züge könnten somit nicht eingesetzt werden.
Der Bahnkunden-Verband fordert darum und zwar jetzt mehr Lokführer und Fahrdienstleiter und deren bessere Bezahlung. Auch müsste die Reisezugwagen-Reserve von zehn auf 20 Prozent angehoben werden, um über zusätzliche Kapazitäten zu verfügen. Außerdem müssten auf allen Hauptstrecken alle Bahnsteige verlängert werden, damit dort mehr Wagen als derzeit halten können.