Eltern und Betreuer von Menschen mit Behinderung hatten sich in den vergangenen Tagen gewundert, weil zwar überall über die Schließung von Schulen, Kitas und Unternehmen zu lesen war. Wie Menschen mit Einschränkungen vor Covid-19 geschützt werden, darüber herrscht Verwirrung.
Michaela Dallmaier, Schulleiterin der Cottbuser Spreeschule, ist verwundert. „Ich glaube, man hat uns einfach vergessen.“ Denn obwohl wegen der Corona-Pandemie allgemeinbildende Schulen geschlossen wurden, bleibt die Förderschule Spreeschule in Cottbus geöffnet.

Viele Kinder werden zuhause betreut

„Die meisten Eltern betreuen ihre Kinder inzwischen lieber zu Hause“, sagt Michaela Dallmaier auf Nachfrage der Rundschau. „Aber einige Kinder sind noch immer bei uns in der Schule.“ Dabei handelt es sich nicht um eine Notbetreuung.
Begründet wird die Aufrechterhaltung der Versorgung mit therapeutischen Angeboten, die die Schule leisten könne. „Aber in der Praxis können wir vieles gar nicht mehr anbieten“, sagt die Schulleiterin. Therapeutisches Reiten oder Schwimmen sei nicht mehr möglich.
Auch bei älteren Menschen mit Behinderung gibt es seit Ausbruch der Pandemie Unsicherheiten. Für Brandenburg regelt die jüngste Corona-Verordnung: „Der Betrieb von Werkstätten und Tagesförderstätten für Menschen mit Behinderungen sind zu ihrer Notbetreuung zulässig.“ Der reguläre Betrieb ist demnach nicht mehr möglich.

Die Lebenshilfe Werkstätten stellen alle Mitarbeiter frei

Tamara Svensson, Geschäftsführerin der Lebenshilfe Werkstätten Hand in Hand, hat jetzt die Konsequenzen gezogen. Auf der Facebookseite der gemeinnützigen GmbH schreibt sie: „Schweren Herzens verabschieden wir nun alle Mitarbeiter und stellen sie von der Arbeit frei.“ Ab April würden den Mitarbeitern ihre Grundentgelte gezahlt. „Wir haben Rücklagen gebildet und zahlen, solange uns das möglich ist“, sagt Svensson.
Von den rund 800 Beschäftigten der Lebenshilfe waren schon in den vergangenen Wochen rund 400 zu Hause geblieben. Die jetzige Schließung der vielfältigen Werkstätten und Betriebe wird, bis auf 50 bis 100 Mitarbeiter, alle Beschäftigten mit Einschränkungen treffen.
Eine Notbetreuung ist dort möglich, wo ein Nachweis der Arbeitgeber der Eltern vorliegt.
Tamara Svensson ist noch unsicher, wie weit alle Leistungen der Werkstätten heruntergefahren werden können. Der Biohof Auguste in Kolkwitz soll von Personal ohne Handicaps am Laufen gehalten werden. „Da ist die Solidarität im Unternehmen sehr groß“, sagt Svensson. Wichtig sind in ihren Augen auch die Leistungen der Wäscherei, die unter anderem auch Arztpraxen bedient. „Auch das Essen, dass wir in unsere Wohnstätten liefern, muss gekocht werden“, sagt Svensson.
Welche Konsequenzen die neuen Regelungen für Menschen mit geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen hat, sei schwer abzusehen. „Viele unserer Beschäftigten können sich nicht allein zu Hause beschäftigen. Sie sind angewiesen auf klare Strukturen und Begleitung.“ Die jetzige Situation sei Gift für die Beschäftigten.
Unterstützung per Mail, Telefon oder Facebook sagt die Lebenshilfe auch weiterhin zu.