Herr Kranig, der Pressesprecher vom SV Lok Schleife behauptet, Sie hätten den Verein mit ihrem Tor wahrlich vor dem Abstieg bewahrt. Nehmen Sie das Lob an?
Kranig Naja, am Ende war es natürlich eine Teamleistung. Und man muss ja im Nachhinein sagen, dass uns auch ein 0:0 zum Klassenerhalt gereicht hätte.
Trotzdem dürften Sie mit Ihrem Treffer einige Nerven beruhigt haben. Bei einer Niederlage gegen den direkten und dann punktgleichen Konkurrenten aus Olbersdorf wären Sie abgestiegen.
Kranig Das stimmt. Es war ein Herzschlagfinale und das Tor eine schöne Glücksgurke. Der Abpraller landete direkt auf meinem Fuß in der Nähe des Mittelkreises. Ich habe gesehen, dass der Torwart weit draußen vor seinem Tor stand, und den Ball gut getroffen.
Was geht einem bei so einem Schuss durch den Kopf, kurz bevor der Ball den Fuß verlässt?
Kranig Ich dachte nur: Ball treffen! Der Rest war Glückssache. Es war ja zudem auch noch mein schwächerer linker Fuß von daher hätte der Ball auch an der Eckfahne landen können.
Haben Sie schon mal ein ähnlich schönes Tor geschossen?
Kranig Schön waren einige. Aber weil es auch noch so wichtig war, ist es eigentlich das Schönste.
Ärgert man sich dann manchmal, dass das Ding keiner filmt und zur Sportschau schickt?
Kranig (lacht) Ja, unser Pressesprecher Paul Kretschmer hat mich auch gleich gefragt, warum wir das nicht aufgenommen haben. Es geht ja gar nicht darum, dass man das Tor des Monats schießen will, aber im eigenen Archiv hätte ich mir das wahrscheinlich noch ein paar Mal angeschaut. Trotzdem war allein der Moment schon toll. Wir hatten so viele Fans bei diesem Auswärtsspiel dabei. Ich bin nach dem Tor intuitiv reingerannt in die ganze Rotte. Das werde ich nie vergessen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch allen Menschen danken, die 600 Mal für mich abgestimmt haben!
Der Siegtreffer gegen Olbersdorf war Saisontor Nummer 12 für Sie persönlich. So oft haben Sie noch nie zuvor getroffen. Sind Sie wie ein guter Wein, der mit den Jahren immer besser wird?
Kranig Da ist schon etwas dran. Wobei da auch sieben Elfmeter dabei waren und ich mir von meiner Frau immer wieder anhören darf, dass das ja gar keine richtigen Tore sind.
Das kann man auch anders sehen.
Kranig Ja, das tue ich auch. Wie gesagt: Ich bin sesshaft geworden mit der Familie, das hat etwas ausgelöst. Man wird gelassener, ist erfahrener und macht sich nicht mehr so viel Druck. Es kann gerne noch ein, zwei Jahre so weitergehen.
Haben Sie eigentlich jemals für einen anderen Verein Tore geschossen in Ihrer Laufbahn?
Kranig Nein, ich bin Ur-Schleifer und seit 1993 im Verein. Das war meine 14. Saison bei den Männern. Ich hätte es nicht mit mir vereinbaren können, woanders zu spielen. Außer vielleicht für 10 000 Euro im Jahr aber das wäre nie passiert.
Nun ist Sommerpause. Wie macht ein Kreisoberliga-Held eigentlich Urlaub? Auch auf dem Meer mit einer Yacht wie die Bundesliga-Stars?
Kranig Dafür wird das nötige Geld fehlen. Ich werde es einfach genießen mit meiner Frau und meinen beiden Töchtern zuhause zu sein und am Wochenende mal nicht zum Auswärtsspiel nach Zittau oder sonst wohin fahren zu müssen.
Mit Robert Kranig
sprach Steven Wiesner